5. April 2013: Sarajevo (BiH) – Budapest (H)

Wieder stand das Ziel des heutigen Tages schnell fest: Durchbruch nach Budapest. So konnten wir wieder zwei Tage in einer Stadt bleiben und eine weitere Hauptstadt mitnehmen. Sonst lag nichts unmittelbar interessantes auf dem Weg. Wir nahmen wieder das WLAN zur Hand und buchten auf booking.com. Wir fanden etwas. Es war eine komplette Wohnung für 39 EUR die Nacht, die Bilder sahen gut aus. Zentrumsnah, mit günstigem Parkhaus in der Nähe. Das ging klar. Leider nur eine Nacht, vielleicht ging vor Ort noch was.

Um 10.15 Uhr fuhren wir aus Sarajevo ab. Ich hatte das Auto bei Meister Lampe wieder ausgelöst. Es hatte tatsächlich geklappt. Er hatte trotz nicht vorhandener Englischkenntnisse nicht nur unsere Verabredung empfangen und verstanden, sondern auch meine auf Englisch und mangelhaftem Bosnisch verfaßte SMS empfangen und verstanden und war vor Ort, um aufzuschließen.

Wir fuhren nach Norden aus Bosnien heraus. Das hieß: bis zur kroatischen Grenze beinahe nur harte Balkan-Landstraße. Auf der Stadtausfahrt nach Zenica gab es obendrein Stau. Dann erreichten wir das kurze Stück der Autobahn A1, recht herzlos zwischen Nichts und Überhauptnichts hingeklatscht; der Rest der Autobahn von Nord nach Süd oder irgendwo anders hin steht in den Sternen. Wahrscheinlich kommt hinzu, daß das Geld dafür entweder noch nicht existiert oder bereits in diversen Taschen versickert ist. Maut wurde trotzdem fällig - 4,20 DM.

An einer Tanke zwischen Seslije und Doboj tankten wir auf. In Bosnien war der Sprit letztmalig auf dieser Reise recht billig. 47 Liter für 110,40 DM, das macht 2,35 DM /L. Ich kaufte noch billige Zigaretten, so viel wie erlaubt war und zum ersten mal seit Jahren Sommer-Wischwasserkonzentrat, denn Spüli hatten wir keines dabei. Ein Liter Motoröl mußte nachgefüllt werden. Wir waren wieder in der Republika Srpska; die Kriegsschäden waren noch deutlich sichtbar, weil alles Geld scheinbar in serbische Flaggen gesteckt worden war, die gehißt, gewaschen und gebügelt wie Bäume auf einer Allee die Landstraße säumten.

Spätestens, wenn die kyrillische Schrift oben steht, ist man wieder auf serbischem Gebiet

Die Kirche ist schön rausgeputzt ...

... der Rest eher nicht.

Wir verließen Bosnien. Die Grenze war unkompliziert, es gab wie fast immer auf dieser Fahrt „Stempel on request“ und wir überquerten den Grenzfluß. Ein paar Kilometer später waren wir auf der kroatischen Autobahn, die wir ein paar mehr Kilometer später auch schon wieder verließen, denn sie verlief nur in West-Ost-Richtung und wir fuhren nach Norden. Die Verbindung nach Ungarn wurde gerade erst gebaut. Es wurden 30 HRK Maut fällig, stattliche 4 EUR für das kurze Stück.

Die Grenze erreichten wir um 16.15 Uhr. Die Kroaten gaben uns Stempel, die Ungarn schauten sehr grimmig drein und gaben nichts. Nicht mal eine Gemütsregung. Bevor sie uns noch durchsuchen würden fuhr ich weiter und fragte besser nichts. Weiter ging es auf der Landstraße. Laut ADAC-Karte sollte bald die Autobahn anfangen, die Ungarn dankenswerterweise schon gebaut hatte. An einer Tankstelle kaufte ich die Vignette. Dazu mußte lediglich das Kennzeichen angegeben werden, der Rest geschah elektronisch. Man bekam nur eine Quittung für alle Fälle. Es kostete 2975 HUF. Verdammt, schon wieder eine Mickeymauswährung. Der offizielle Kurs war 315 oder so ähnlich. Beschissen zum Umrechnen. Der Sprit war unverschämt teuer. Es regnete schon eine Weile – immerhin war die Autobahn brandneu.

Ich wurde müde – Henning übernahm bis Budapest. Dort in der Dämmerung angekommen fand sich das Navi wieder zurecht. Wir mußten den Schlüssel im Karma Café abholen. Es gab nirgendwo einen legalen Parkplatz. Das ist wieder das alte Dilemma. Will man zentrumsnah übernachten, fehlt meist der Parkplatz. Gibt es einen Parkplatz, ist der nicht kostenlos und oft nicht einfach zugänglich. Bis man alles geregelt hatte, steht man im Halteverbot und das letzte, was man im Urlaub braucht, ist ein abgeschlepptes Auto, eine Parkkralle oder ein Ticket. Wohnt man allerdings außerhalb, wo es meist einen freien Parkplatz gibt, ist man weitab vom Schuß, muß das Auto gegen Diebstahl sichern und nimmt für die Fahrt in die Stadt dann am Ende doch wieder das Auto, und muß wieder einen Parkplatz in der Stadt suchen. So oder so fühlte ich mich als Autoreisender diskriminiert – Welch ein Erste-Welt-Problem!

Der Zuständige hatte jedoch überhaupt keine Eile und ich mußte darauf drängen, daß wir zuerst das Auto wegstellen und dann den Rest klärten. Er schickte mich zu einer automatischen Garage. Das hatte ich noch nicht live erlebt. Man stellt das Auto auf eine Plattform, eine Apparatur packt die Räder und parkt es irgendwo ein. Das spart Platz. Ich hoffte nur, daß die Apparatur einwandfrei funktionierte und meinen Daimler nicht auf ein anderes Auto oder an die Wand fahren würde.

Zurück am Karma Café gingen wir nun in die Wohnung, die im selben Gebäude lag. Der Typ hatte wirklich alle Ruhe der Welt, nahm einen Stadtplan und malte uns eine Stunde lang alle Sehenswürdigkeiten, Bars und Club auf der Karte und auf ein DIN-A4-Blatt auf.

Auch unsere leisen Andeutungen, daß er sich die Mühe nicht machen bräuchte, halfen nicht. Am Ende hatten wir einen buffer overflow, wie man es in der Informatik nennt. Die Gehirne waren überflutet. Wir dankten ihm sehr herzlich und richteten uns ein. Dann gingen wir, mit den Infos dieses seltsamen Typen bewaffnet, raus auf die Straße.

Wir brauchten dieses Mickeymausgeld. Wie kann man nur ernsthaft gegen den Euro sein? Als er eingeführt wurde, war ich 13 und fremdes Geld kannte ich bewußt nur von Ausflügen nach Luxemburg, wo meine Oma immer mit seltsamen Scheinen und Münzen bezahlte und alles – so dachte ich – 20 mal so teuer war. Ab in die Mottenkiste. Wenn man wenigstens in den EU-Staaten, die sich dem Euro verweigern, problemlos mit Euro zahlen könnte, wäre es ja noch zu verschmerzen. Schließlich sind die Euroländer in der Mehrheit, sowohl in der EU, als auch in Europa und auch bei den Touristen. Aber der Zwang zu diesen Fufuwährungen lädt immer aufs Neue zu einem Nebenverdienst und Betrug ein. Wir gingen zu einem Sparkassen(!)automaten; ich hoffte, die Gebühr sei nicht allzu hoch. Die kostenlose Kreditkarte gab es ja seit Skopje nicht mehr. Natürlich gingen, was ich erst zuhause sah, alleine hier gute 10 EUR für Nichts drauf. Ich hob 40.000 HUF ab und verteilte sie unter uns vieren – abgerechnet wird daheim, jetzt ist Urlaub.

Wir kamen auf die Spitzenidee, es uns zur Feier des Tages im „Thank God It's Fridays“ bei Burger und Bier richtig gut gehen zu lassen. Da gingen dann direkt schon wieder 26.000 HUF drauf.  

Den Rest des Abends verbrachten wir in den vom Vermieter als „verlassene Häuser“ genannten Bars Szimpla Kert und Kuplung, die tatsächlich aus vielen Einzelräumen bestanden. So hatten wir immer einen fast eigenen Raum mit Sitzbank, Tisch und allem was dazugehört und es ging sich die eine oder andere Runde Skat aus. Der Rest des Abends brachte unser Mickeymaus-Guthaben wieder auf null.

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