19. Januar 2013: Tanger – Hafen Tanger-Med – Tanger

Tagesetappe: 160 km

Um 5 klingelte der Wecker. Lummi kam spontan noch auf die Idee, den Spritfilter zu wechseln. Um 5.37 Uhr fuhren wir auf die Autobahn. Auf der bekannten letzten Shell-Tankstelle vor Tanger-Med füllten wir noch einmal auf. Das Terminal erreichten wir um 6.50 Uhr, die Maut vom Campingplatz zum Hafen kostete 46 MAD. Wieder einmal paßte es beinahe auf den letzten Dirham. Es wurde wieder sehr windig und regnete hier und da ein Bißchen. Wir fuhren zum Schalter unserer Fährgesellschaft FRS. „Kein Problem, einfach vorfahren!“

Wir stellten uns am ersten Polizeiposten an. Wieder fehlte irgendeine unsinnige „Confirmation“, deren Sinn uns erneut nicht einleuchten wollte – braucht man auf dem Hinweg ja auch nicht. Blondie besorgte diese irgendwie und wir stellten uns wieder an. Nach einiger Diskussion bekamen wir unsere Ausreisestempel und wurden zum Scanner weiter geschickt. Der Bus wurde durchleuchtet, dann sahen die Zöllner kurz persönlich rein. „Tourist? Bon voyage!“ Weder das Geweih, noch die Dieselkanister fielen irgendwem auf. Wir standen nun fast alleine am Kai. Es passierte nichts. Es war auch kein einziges Fährschiff im Hafen. Lediglich das Unwetter wurde immer stärker, bis es teilweise auch gar keine Sicht mehr gab. Das Wasser, das um uns schlug, war zu allem Überfluß auch noch Salzwasser. Es stand zwischenzeitlich 5 cm hoch auf dem Boden. Es kam keine Fähre, wir warteten ewig. Auch im anliegenden Café konnte uns keiner etwas konkretes sagen. „Die Fähre? Vielleicht später, vielleicht gar nicht.“

Nachdem wir eine weitere Ewigkeit gewartet hatten tranken wir noch einen Tee im Café. Nun hieß es dort: „Heute keine Fähre.“ Aber wie vertrauenswürdig waren die Leute dort? Wenn wir jetzt umkehrten, müßten wir beim zweiten Versuch die gesamte Ausreise noch einmal durchführen. Hier am Kai könnten wir direkt als erster auf eine Fähre fahren, wenn sich die See beruhigen und ein Schiff kommen würde. Wir berieten uns. Per Mehrheitsbeschluß kamen wir überein, wieder „einzureisen“, oben am Terminal zu warten und das Ticket ggf. auf die nächste hier ankommende Fähre umzutauschen. Wir standen nun bereits knapp 10 Stunden hier am Hafen.

Wir fuhren an die Einreise zurück. Die war wegen Wetter unbesetzt. Wir holten einen der Zöllner herbei, der hatte erst einmal gar keinen Plan, was in so einem Fall zu machen gewesen wäre, und holte seinen Chef. Wieder keine Uniform. Dieser sagte uns: „There will be no boat today – you may change, but there is no ship.“ Klasse. Warum laßt Ihr uns dann ausreisen und x Stunden alleine unten am Kai stehen?

Der erste Zolltyp kam wieder zurück zu uns. Professionell schwärzte er unsere Zollpapiere und teilte uns mit, daß wir unsere Einreisestempel im Terminal annullieren lassen müßten. Dies erledigten wir. Wir hätten genauso gut ohne neue Einreisestempel oder Annullierung wieder zurück ins Land fahren können, das hätte keiner gemerkt – reines Chaos hier. Im Terminal fragten wir uns nach dem zuständigen Polizisten durch, dieser trug unsere Namen in eine Kladde ein und setzte einen „Annullé“-Stempel in unsere Pässe.

Am FRS-Schalter fragte ich noch einmal nach. „Keine Fähre heute! Eventuell in der Nacht, aber vielleicht auch erst mal gar nicht.“ Mir ging langsam die Muffe, schließlich mußte ich am Mittwoch wieder arbeiten gehen und wir hatten neben der Fähre noch ein mehr oder weniger langes Stück Straße vor uns. Wenn das noch ein paar Tage so bleiben würde mit dem Wetter ...

Es half alles nichts, wir mußten zurück nach Tanger. Nach der heutigen Tortur hatten Lummi und Blondie keine Lust auf eine zweite Nacht auf dem zweifelhaften Campingplatz mit dem etwas modrigen Bungalow. Wir fuhren gegen 18 Uhr auf der Küstenstraße zurück nach Tanger und klapperten die im Reise Know-How aufgeführten Pensionen ab. Wir fanden genau eine davon, die Pension Alia. Diese bot jedoch nichts davon an, was im Führer stand, sondern nur eine Riesensuite, in die eine Großfamilie mit fünf Generationen gepaßt hätte, für 130 EUR die Nacht. Nichts für uns. Notanker war also das Ibis „Moussafir“, der Name war ja schon vielversprechend.

Die junge Rezeptionistin sprach sehr gutes Englisch, war aber nicht besonders hilfsbereit. Wir waren nun einmal zu dritt. Nicht zu zweit und nicht zu viert. Das Zimmer sollte 500 oder 600 MAD kosten, aber das ganze ging partout nur für zwei Personen. Einer hätte ein Einzelzimmer nehmen müssen. Sie tat auf meine Frage nach einer komfortlosen Extramatratze, mit der ich mich, der auf dieser geschlafen hätte, durchaus zufrieden gegeben hätte, so seltsam beleidigt, als hätte ich ihr irgend etwas an den Kopf geworfen. Dabei wollte ich doch nur mein Geld hier lassen, aber keine 40 EUR, wenn ich doch auch mit weniger Komfort zufrieden bin. Ich verzichtete daher dankend und sagte ihr, dann würde ich halt auf dem Parkplatz im Bus schlafen. Nun tat sie noch verschroben-beleidigter, fragte mich, ob das mein Ernst sei, worauf ich entgegnete: „Selbstverständlich, ein Einzelzimmer ist mir einfach zu teuer.“ Plötzlich tat sie so, als würden wir eine geheime Absprache treffen, und sagte: „Der Page wird eine dritte Matratze ins Zimmer legen, es kostet insgesamt 700 MAD für die Nacht.“ Bittesehr, geht doch.

Wir legten unsere Sachen ins Zimmer, das recht ordentlich war. Dann machten wir gleich wieder kehrt, um etwas Eßbares aufzustellen und Geld zu besorgen. Es gab nur Kioske, ein paar nicht wirklich einladende Imbisse und einen riesigen McDonald's. In diesem saßen unzählige Marokkaner und sahen das Spiel des Africa Cups von Marokko gegen Angola. Wir fanden das lustig und gingen ebenfalls hinein. Essen tat hier kaum einer, daher stand auch niemand an der Kasse an und wir konnten uns ganz gepflegt ein paar Burger hineinwürgen. Ein Menü kostete knapp 50 MAD.


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