4. Januar 2013: Chinguetti – Ouadane – Atar

Tagesetappe: 359 km

Die Folgen des gestrigen Ritts

Der freundliche, aber etwas introvertierte Platzwart

Um 10 Uhr weckte mich Blondie, um 11.15 Uhr, nach kurzem Frühstück, fuhren wir los. Tagesziel war das „Auge der Sahara“, der Krater Guelb er Richat (w), in den wir hinein fahren wollten. Sein Ursprung ist ungeklärt, und man sieht ihn eigentlich nur aus dem Weltraum, trotzdem war es ein unbedingtes Ziel dieser Reise. Die Tramper fuhren wieder mit, sie wollten den Krater ebenfalls sehen. Oder was man von ihm halt so sieht, wenn man mitten drin ist.

Nach Ouadane, der letzten Ortschaft vor dem Nichts der nordostmauretanischen Wüste, führte eine neu geschobene Piste. Urteil Stiftung Lummitest: „gutt“. Ouadane ließen wir links liegen und fuhren weiter auf der Piste. Wir hatten als GPS-Punkt den Pisteneinstieg eingegeben, doch fuhren irgendwie um diesen und damit um den Krater herum. Dazu kam, daß der Sand nur so durch die Gegend flog.
 

Chinguetti International Airport

Lummi fragt Ahmed auf Oberösterreichisch nach dem Weg

Hier sind wir wohl falsch.

Also Rückzug und in Ouadane am Polizeiposten gefragt. Überall stand Gerät von Firmen wie Total, Schenker DB oder Stinnes umher und zeugte davon, daß hier nach Öl gesucht wird. Die freundlichen Gendarmen sagten uns, wir müßten durch den Ort fahren. „Kein Problem, viel Sand, Reifendruck absenken, 1 Stunde“. Danke!

Wir fanden den Weg sofort, senkten den Reifendruck auf 2 bar ab und sandeten 20 Minuten später in einem riesigen See aus Sand, glatt und so weit das Auge reicht, ein. Wir probierten alles. Bleche halfen nicht mehr, auch ein lächerlich niedriger Reifendruck nicht. Das einzige was wir machen konnten war, alle Sachen aus dem Bus zurück zur letzten festen Stelle zu tragen. Der Feichtinger war einfach zu schwer für den Weichsand. Aktion abgebrochen. Schweißgebadet und ohne Reserven fuhren wir zurück nach Ouadane.

Ende der Fahnenstange

Die Tramper stiegen an einer Auberge aus, einen Abend früher als gedacht. Wir verabschiedeten uns und sie ließen sogar noch ungefragt Spritgeld da.

Ouadane

Camp der Ölbohrfirmen

Der neue Passe Amoghar

W123 300TDT Turbodiesel

In den letzten Sonnenstrahlen erreichten wir Atar. Bab Sahara, zum Zweiten, km 238.357. Aus den Gemüsekonserven zauberte ich ein recht passables würziges Festtagsmahl - oder was man dafür hält. Jedenfalls konnte man den Chili con Carne-Verschnitt essen. Als irgend etwas zu besorgen war, ging ich zum nächsten Kiosk, in dessen Verkaufsfläche gerade die Familie saß und Tee trank. Die kleinen Kinder schauten mich ganz ungläubig an und stellten mir mit ein paar Wörtern Englisch und Französisch Fragen, sehr süß.

Lummi und Blondie gingen gegen 21 Uhr schlafen, ich setzte mich mit dem Laptop zum WLAN, erledigte im Internet alles, was zu erledigen war. Cora ging immer wieder vorbei, sie saß mit Just mit anderen Deutschen zusammen. Ich setzte mich dazu. Einer von ihnen war Günther, ein Augsburger. Ganz im Gegenteil zu den meisten Bayern und Schwaben, die ich bisher kennen lernen durfte, war er sehr sympathisch und weltoffen und erzählte von seinem Trip, von dem er gerade zurück kam. Er war in seinem relativ fertigen Nissan Patrol durch die „befreite“ Westsahara, also die Demokratische Arabische Republik Sahara gefahren. Das war ziemlich unglaublich für mich, denn einerseits handelt es sich dabei um einen illegalen Grenzübertritt, andererseits heißt es doch immer, dort lägen überall Minen. Nichts dergleichen konnte er bestätigen. Er hatte sich bei Einheimischen und den entsprechenden Bürgermeistern versichert: Die Grenze existiert nur auf der Karte und für Touristen, für die Nomaden und Ansässigen hat sie keine Relevanz. So fuhr er einfach rüber, quer durchs Nichts, ohne sich an Pisten zu halten, nur mit einem Sattelitentelefon für den Notfall bewaffnet und hatte ausschließlich gute Erlebnisse. So wurde er stets von den POLISARIO-Rebellen zum Essen eingeladen, da er der erste Tourist seit Monaten an ihren Posten war. Das wollte ich auch mal machen.

Er hatte sich den Patrol hier in Mauretanien gekauft, aber schon vor ein paar Jahren. Zwischendurch war er einfach mit den mauretanischen Kennzeichen nach Deutschland gefahren. Das konnte ich nicht glauben. Aber er erzählte, daß es bei der EU-Einreise einfach niemanden interessiert. Der Paß ist relevant, der Rest nicht. Theoretisch dürfe man nur 180 Tage mit Nicht-EU-Kennzeichen fahren, aber da die Einreise des Autos nirgendwo registriert wird, bleibt es bei der grauen Theorie. Er erzählte, er sei mit dem Auto auch noch in die Türkei gefahren, und dort an der Grenze wußte man nichts mit ihm anzufangen. Er wurde beglückwünscht, daß er der erste sei, der mit mauretanischen Kennzeichen in die Türkei einreiste. Es mußte eine neue Auswahlmöglichkeit im Computersystem für ihn geschaffen werden.

So schnackten wir bis tief in die Nacht und verabredeten uns, sofern möglich, irgendeine solche bekloppte Tour auf die Beine zu stellen. Günther war noch ein paar Tage hier. Seine Storys hatten mich ziemlich angefixt.

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