5. August 2012: Kurische Nehrung (LT) – Kaliningrad/Königsberg (RUS) – Wałcz (PL)

Tagesetappe: 510 km

Mit einem teilweise ziemlich soliden Schädel wachten wir auf. Wir gingen kurz zum Strand und machten dann los. Es war brechend voll, auch in Nida verteilte sich das Touri-Aufkommen nicht besser. So verzichteten wir darauf, uns die großen Dünen anzusehen und fuhren direkt zur russischen Grenze.

Der litauische Posten

Die Ausreise vollzog sich fast ohne Verzögerung. 10 Minuten vielleicht. Es gab keine Warteschlange. Wir fuhren an den Grenzsteinen vorbei. Nun wieder Rußland. Und wieder: Formulare, Formulare. Naja, langsam ging es einigermaßen, man hatte ja schon ein paar Punkte verinnerlicht. Die strenge Zöllnerin sprach sogar ganz passabel Deutsch. Sie sah noch einmal kurz in den Kofferraum, dann waren wir nach nur 45 Minuten für Aus- und Einreise drin. Wenn es nur immer so schnell ginge wie in Borisoglebsk und hier! Es waren wieder für die „paid road“ 300 RUB Maut zu zahlen. Zum Glück hatten wir jetzt welche dabei. Dann nahmen wir Kurs auf Kaliningrad, das alte Königsberg, das bis 1945 deutsch war und nun eine russische Exklave zwischen Polen und Litauen ist. Die Exklave ist nun von EU-Staaten völlig umgeben, weswegen jeder Russe für den Weg zum restlichen Rußland ein Visum braucht. Die sowieso exponierte Lage hat schon vor Jahren für ernsthafte Überlegungen gesorgt, die Exklave an Deutschland oder Polen zu geben oder mit ihr einen unabhängigen vierten baltischen Staat zu gründen. Bisweilen wird sie vor allem per Schiff beliefert.

Die Straße war gesäumt von unzähligen Autos, die halb auf dem Bankett parkten. Es war noch voller als auf litauischer Seite, schließlich war es auch ein wunderschöner Sommertag. An der Mautstelle der Gegenrichtung begann ein über 10 km langer Stau. Alle wollten wohl aus der Stadt raus und an den Strand. Es werden wahrscheinlich nicht alle vor Sonnenuntergang geschafft haben.

In Königsberg angekommen – es war ja nicht weit in dem kleinen Flecken Land – kehrten wir an der Teatralnaya ulitsa in ein großes Einkaufszentrum ein, wo man günstig parken konnte. Bei McD gab es Mittag samt WLAN – neben den guten Toiletten einer der wenigen Gründe dort hinzugehen. Dann liefen wir gute 3,5 Stunden durch die Stadt. Jan hatte wie in allen Städten zuvor einen Stadtplan besorgt, gut einen Kartographiebegeisterten dabei zu haben, und lotste uns zielsicher zu allen Sehenswürdigkeiten:

Ausrangierte Busse aus Deutschland

McDonalds-Dresche zum WLAN-Schnorren

Erst mal ein kühles Kwas!

Das Haus der Sowjets: Falsch gebaut, nie benutzt, jetzt eine surreale Bauruine

Perfekt zum Aufmarschieren

Eine kleine Demonstration

Darf hier auch nicht fehlen

Was vom alten Königsberg übrig blieb

Der Königsberger Dom

Am Grab Immanuel Kants, der Königsberg angeblich nie verließ,
und doch einer der größten Philosophen der Geschichte wurde

Wir sahen ihn uns lieber nur von außen an

Kärcher auf Russisch

Angenehme Altbenzdichte in Königsberg, der geneigte Verbrauchtwagenliebhaber kommt auf seine Kosten:

Um 18 Uhr Kaliningrader Zeit (MESZ+1) machten wir uns nach dem Volltanken (km 402.440, 62,2 l, 0,734 EUR/L) auf den langen Heimweg. Der Tank aus Tallinn hatte locker gereicht. Dieser führte zunächst zur polnischen Grenze nach Mamonowo. Wir fuhren extra die alte Landstraße statt die neue Umgehung und hatten unsere Rubelbestände gut austariert. In einem „Viktoria“-Supermarkt kauften wir noch Wodka und andere Souvenirs und alles, was in Rußland mitnehmenswert war. Mit unseren 20 Scheinen und ca. 300 Münzen kamen wir ziemlich genau hin, weil wir alles präzise ausgerechnet hatten. Die nette junge Kassiererin nahm es mit Humor und freute sich über das viele neue Wechselgeld.

Ortsausfahrt

An der letzten Tankstelle vor der Grenze machten wir noch einmal voll, was ging. Auch der Wehrmachtskanister wurde gefüllt (0,739 EUR /L). Zum Glück konnte man mit VISA zahlen. Um kurz nach 20.00 Uhr Ortszeit fuhren wir zur Grenze. Es gab nur ein paar Autos vor uns, wir hatten wirklich Dusel. Die Russen sahen mehrmals unser Gepäck oberflächlich durch, die Formulare waren schnell erstellt und bearbeitet. Mit dem Ausreisestempel wurde das Visum nach zwei vollzogenen Ein- und Ausreisen ungültig gemacht. Nach 1 Stunde 20 Minuten waren wir ausgereist.

Im Duty Free konnte man neben ostdeutschem Schnaps auch sehr günstig Zigaretten kaufen. Allerdings sinnfreier Weise nur in Stangen, obwohl man nach Polen seit kurzem nur 2 Schachteln pro Person mitnehmen durfte. Wir hatten uns damit eh schon in Königsberg eingedeckt.

Im „Niemandsland“

So erreichten wir unverrichteter Dinge den polnischen Posten. Die Polizei war für uns EU-Bürger schnell erledigt, Stempel gab es keine. Doch die Kollegen vom Zoll waren kritisch. Sie beäugten den Kofferraum, den wir für sie öffnen mußten, berieten sich kurz, und schickten uns dann zur Halle, die wir 500 Meter entfernt schon sahen. Nicht schon wieder!

Ich mußte das Auto über der Grube parken. Entgegen meinen Erwartungen waren die beiden Zöllner jedoch recht freundlich und gewissenhaft, sie sprachen sogar ein wenig Englisch und Deutsch. Sie nahmen ihre Sache ernst – aber nicht zu ernst und scherzten auch mal hier und da. Sie fanden jedenfalls nichts. Die Zigaretten hatten wir am Mann, das kontrollierten sie aber nicht. Auch die beiden Kanister wurden nicht geprüft, obwohl ich sie ja rausgestellt hatte und beide hätten voll sein können. Wahrscheinlich ging es ihnen nur um Drogen oder Waffen.

Nach nicht mal einer halben Stunde war wieder alles eingeräumt und wir konnten um 20.45 Uhr polnischer Zeit los. Mit der Durchsuchung dauerte es also insgesamt auf polnischer Seite nur 50 Minuten, insgesamt 2 Stunden 10 Minuten. Wenn man schon an der Grenze durchsucht wird, dann bitte ab sofort immer so.

Wieder überraschte Polen mit seinen guten Straßen. Man hat den Eindruck, sie hätten das Land mal einen Monat zugemacht, alle Straßen pauschal erneuert, und dann mit einem Glitzerschild „Neueröffnung“ wieder aufgeschlossen. Sehr angenehm jedenfalls. Ich selbst kam nicht mehr weit, dann übergab ich das Steuer an Jan und pennte weg. Um Mitternacht hielt er in Płock zum Pinkeln. Die Gelegenheit nutzten wir schon einmal, um per VISA ein paar Stangen Zigaretten für die Freunde zuhause zu kaufen. Jetzt waren ja 4 Stangen pro Person erlaubt. Wir rechneten die Spritpreise, die wir bis hier gut beobachten konnten, um und kamen zu dem Schluß, daß es fast schon teurer als in Deutschland ist. Wir verschoben das Tanken daher auf Berlin, dort geht es schließlich auch mit Euro und unserem weit gereisten Bargeld.

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