30. Juli 2012: Nordkapp (N) – Kautokeino (N) – Muonio (FIN) – Rovaniemi (FIN) – Haparanda (S) – Tornio (FIN)

Tagesetappe: 950 km

Das Wetter hingegen war uns nicht hold. Bei unserer Ankunft war es schon diesig, doch es wurde immer schlimmer. Wir mußten uns mit dem Gedanken anfreunden, die Mitternachtssonne nicht sehen zu können. Wir sahen nur grau, wo wir auch hinsahen. Hell, aber grau. Als es auch um halb 1 nicht besser wurde, gaben wir uns geschlagen. Schlafbereit war keiner, also hieß es: „Aufsitzen!“

Mitternacht. Von der Sonne sieht man nichts.

Immerhin das Photo von 2009 konnten wir noch nachstellen

Wie schon tausendmal glühte ich vor, ein bißchen länger weil der Wagen durch die einstellige Temperatur und den Wind gut ausgekühlt war, und drehte den Schlüssel rum. Die Karre orgelte wie wild, aber startete nicht. Als die Batterie schon begann, schwächer zu werden, brach ich es ab. Wir mußten den Wagen unter ungläubigen Blicken der Hurtigruten-Rentner anschieben, die sich wohl nur dachten, wie man mit so einer Schrotthütte zum Nordkapp fahren konnte. Ich tippte auf eine defekte Glühkerze als Ursache. Hatte ich schon öfter und die Symptome waren typisch. Die Diagnose mittels Durchmessen verschoben wir auf später, wenn es wärmer ist. Der Motor durfte nun nicht mehr für längere Zeit ausgeschaltet bleiben.

1.24 Uhr

Wir waren jedenfalls nicht die einzigen Verrückten mit 123 Diesel und Zelt

Nonstop erreichten wir wieder das Festland und bogen in Richtung Alta ab. Dort war ich noch nicht. Wir hatten die Strecke so gewählt, daß es nicht viel Umweg, aber viel Neuland für mich als Hauptfahrer ist. Hammerfest ließen wir tatsächlich rechts liegen. 40 km vor Alta näherten wir uns dem Kilometer 400.000. Wir erreichten ihn mitten im Nirgendwo, um 3.15 Uhr bei Koordinaten 70.17121° N, 23.77240° E. Kurz vorher hatten wir ein paar Schneeflocken im Nieselregen gesichtet. Wir gaben dem Auto eine Bierdusche, die es sich redlich verdient hatte. Sekt war leider nicht zur Hand.

In Alta gaben wir an der Shell die letzten Kronen aus, denn wir verabschiedeten uns nun von Norwegen. Dito von der Küste der Barentssee. Über Kautokeino, einer halb verwaist wirkenden Samensiedlung, die man schnell durchquert hat, erreichten wir den Grenzübergang zu Finnland. Wir stellten die Uhren wieder 1 Stunde vor. 10 km später folgte die erste Tankstelle beim „Tunturikeskus Galdotieva“ (Fjellzentrum Galdotieva). Mit den letzten Tropfen Diesel hatten wir uns hergeschleppt. Es kostete aber, wohl wegen der wohlhabenden Norweger und der exponierten Lage, 1,647 EUR /L. Daher tankten wir erst einmal nur für 15 EUR. Bei dem schweigsamen Finnen, der gerade erst, es war 8 Uhr finnischer Zeit, seine Tankstelle mit Anglershop aufgemacht hatte und wirkte wie aus dem Bett gefallen, kaufte ich noch ein „Galdotieva“-T-Shirt als Souvenir für recht günstige 9 EUR, dann maß ich die Glühkerzen durch. Nummer 1 hatte es erwischt, Bingo! Nachher Ersatz suchen …

Während die anderen schliefen, schoß ich diese Bilder aus dem Handgelenk

Nach einer ewigen Fahrt durch den unendlichen finnischen Wald, halbwegs zurück in der Zivilisation in Muonio, war der Sprit immer noch nicht wesentlich günstiger. Es gingen noch mal 15 Liter rein. Wir hofften, daß im Süden günstiger werden würde. Im S-Market kauften wir noch Getränke, darunter die herrliche Apfelsinencola im Tetrapack. Es war erst Viertel vor 10 morgens und wir hatten schon über 500 Kilometer heute geschafft. Wir fuhren kurz nach Schweden rüber, um Jonas und Jan schon einmal den Länderpunkt zu sichern. Dort gab es aber nichts zu sehen. Nicht mal ein einziges Haus.

Wir reisten bis Pello entlang der schwedischen Grenze. Dort fuhren wir noch einmal nach Schweden rüber. Hier gab es einen schwedischen Grenzshop, dieser war aber wie die schwedische Tanke recht sinnlos, da alles teurer war als in Finnland. Dann bogen wir ins Landesinnere in Richtung Rovaniemi auf die Straße 83 ab. Jan übernahm das erste mal seit Rußland und ich ruhte mich ein wenig aus. Brachte nicht viel, da Jan ständig die auf die Straße laufenden Rentiere weghupen mußte. Immerhin gab es keinen Beinahecrash wie 2009.

Der Besuch beim Weihnachtsmann am Polarkreis durfte natürlich nicht fehlen:

Danach sahen wir uns die Innenstadt von Rovaniemi an. Wir tranken einen Café und genossen die gut 25 °C am Polarkreis, nachdem wir letzte Nacht fast zu Eiszapfen gefroren wären.

Der Lordi-Platz

„Nördliche Fahrschule“

Der Parkplatz funktionierte folgendermaßen: Beim Abstellen des Autos zieht man seine Kreditkarte einmal durch den Schlitz, genauso beim Auslösen. Der Preis wird daraufhin errechnet und abgebucht. Simpel und benutzfreundlich. Nur leider zuhause unmöglich, da es auf Vertrauen basiert. Eine Kamera gab es nicht, nur ein Schild erinnert beim Ausfahren:

Beim Ausfahren tankten wir noch mal für schmerzliche 1,569 EUR /L. An der Kasse fragte ich nach „spare parts“. Die Verkäuferin parierte perfekt auf Englisch und gab mir eine mustergültige Wegbeschreibung zu einem Baumarkt, der auch Ersatzteile verkaufte. Beim Motonet angekommen (Teollisuustie 15) ging ich zum jüngsten Kollegen am Tresen, der auch perfekt Englisch sprach und meine vorher aus Deutschland erfragte Übersetzung von Glühkerze (hehkutulppa) nicht benötigte. Das BOSCH-Teil kostete mit 9,90 EUR weniger als in Deutschland. Wir unterhielten uns noch kurz über 123er, die auch in Finnland, gerade als Diesel, sehr beliebt sind. Er erzählte von einem Taxi in Jyväskylä, das mit über 1.000.000 km noch im Dienst sei. Da könnten wir noch vorbei kommen, vielleicht sähen wir es ja. Die Glühkerze wurde direkt vor Ort gewechselt.

50 km südlich von Rovaniemi kostete an einer Automatentanke „nur noch“ 1,489 EUR /L. Ich kam zwar immer mehr in Versuchung, das Heizöl (Polttoöljy) für 1,119 EUR /L zu tanken, aber blieb gesetzestreu. Hier machten wir jedenfalls voll. Nun hielten wir Kurs auf Tornio. Den Campingplatz dort hatte ich mir schon ausgeguckt, er hatte günstige Mökkis, finnische Holzhütten. Das hätten wir uns mal wieder verdient. Wir fuhren vorher aber noch zum dritten mal für heute nach Schweden, um beim IKEA vergessenes Kochutensil nachzukaufen und jeder zwei Hotdogs zu essen.

Bei Camping Tornio kamen wir um 21 Uhr an. Die Rezeption wollte gerade zu machen. Wir sicherten uns das letzte Mökki für 52 EUR die Nacht. Das nette Mädel fuhr direkt danach mit ihrem 190D nach Hause. Es wurde zum ersten Mal wieder halbwegs dunkel. Wir kochten uns etwas und tranken ein paar Bier, dann ging es völlig geschafft von der riesigen Strecke heute in die überdachte Falle.

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