25. Juli 2012: Camping Sandal (Sopokha) – Murmansk
Tagesetappe: 870 km
Von jeglichem Zeitgefühl verlassen wachten wir irgendwann auf. Das Zelt war auf dem Balkon getrocknet und wurde wieder in die Verpackung gestopft. Wir brachten alles zum Auto und wollten auschecken, doch beim Empfang war niemand. Bezahlt war schon, unsere Pässe hatten wir glücklicherweise gestern schon eingefordert (den Fehler, es nicht zu tun oder nicht wenigstens zu probieren macht man besser nie!). So hinterließen wir den Schlüssel so auffällig wie möglich und fuhren weiter.
Zuerst zu den Kivach/Kivatsch-Wasserfällen (g), die uns gestern empfohlen wurden. Wieder 5 km nach Süden, dann rechts ab. Wieder durch unfaßbar dichten Wald. Vor Ort war alles verlassen. Wir stellten das Auto ab, da kam wie aus Windeseile eine Offizielle aus einer der vielen verwaisten Baracken und kassierte 80 RUB Eintritt von jedem.
Die Gegend wurde immer besser. Links und rechts nichts, außer ein paar Strommasten und dem Asphalt. Fast wie in der Westsahara, wenn man Sand durch Bäume und Gestrüpp ersetzt.
Hier tätigte ich einen der besten Käufe meines Lebens, ein flexibler großer Sprittrichter für 100 RUB ging mit
Reifenpanne!
Es war an der Zeit ... Karkassenschaden
Eine der vielen Baustellen, demnächst wird die Strecke wohl komplett auf glattem Asphalt zu fahren sein
Wieder einmal viele exportiere LKW
Baustellenstau
Zigarettenpreise (39 RUB = 1 EUR)
Ein Stück neue Straße
Wir wollten heute noch Murmansk erreichen, daher gab es Hackengas und Pausen wurden auf ein Minimum reduziert. Nur die Baustellen sorgten für Verzögerungen. Den Polarkreis überquerten wir ohne davon Kenntnis zu nehmen. Der Ort „Polyarnyy Krug“ war zwar einige Kilometer abseits ausgeschildert, aber ich wußte damals noch nicht, was „Krug“ (Kreis) heißt.
Ansonsten hielten wir erst gegen 20 Uhr wieder in Kandalakscha, weil wir furchtbaren Hunger auf etwas Warmes haben. Und wie das Paradies auf Erden erhob sich hinter schrecklich sowjetischen Bahnanlagen und Brücken eine brandneue Statoil-Tankstelle, die mit den gewohnt leckeren Hotdogs aufwartete. Nicht nur das, auch diverse Produkte aus Deutschland und speziell aus dem Osten erheiterten uns, als wir die Teile vertilgten.
Kandalakscha
Kleine Rast an einem Ausläufer des Weißen Meeres
Langsam aber sicher wurden die Bäume kleiner, und als wir Montschegorsk erreichten, waren sie plötzlich ganz verschwunden. Die Nickel- und Kupferhütte hatte zuverlässig für ein großflächiges Waldsterben gesorgt. Die ärmliche Stadt drumherum machte einen äußerst apokalyptisch-depressiven Eindruck, weswegen wir die Hauptstraße nicht verlassen wollten. Erst zig Kilometer später sah man wieder Pflanzen und Bäume.
Liebliches Montschegorsk
Langsam aber sicher erhoben sich die Berge der Kola-Halbinsel
Dann – ich konnte es gar nicht fassen – erreichten wir das Ortseingangsschild von Murmansk. Wie oft hatte ich davon geträumt hier her zu fahren. Neben der Sahara war dies eines meiner Hauptziele. 2009 war ich schon einmal kurz davor. Doch erst jetzt war es soweit. Wir machten so viele Bilder wie möglich, fast schon aberwitzig im Ausmaß.
Ankunft um 23.15 Uhr
Straße Richtung Kirkenes (Norwegen)
Dann fuhren wir den Berg hinunter in die Stadtmitte. Es war Mitternacht. Davon war aber nichts zu spüren, wie der Leser an den Bildern sieht. Lediglich die Geschäfte waren zu.
„Murmansk – Heldenstadt“
Wir fuhren zur Aljoscha, dem omnipräsenten Denkmal (42,5 m Gesamthöhe) für die Verteidiger der Polarregion, das über Murmansk trohnt.
Blick von der Statue zum Fjord
Blick auf den Hafen Murmansks
Nach einer Bilderflut stellten wir unser Zelt auf dem Parkplatz auf, dann saßen wir noch etwas rum und tranken unsere spärlichen Alkoholreste. Als drei junge Russen in einem ziemlich neuen Auto vorfahren, kamen wir aus dem Lachen nicht mehr raus. In ihrem Radio lief gerade „Was wollen wir trinken, sieben Tage lang“ – und zwar auf Deutsch. Sie bemerkten uns und kamen zu uns. Nur einer sprach ein paar Brocken Englisch und übersetzte leidlich. Es ging um Gott und die Welt, Deutschland und natürlich irgendwann auch Hitler. Wir versicherten, wir hätten damit nichts zu tun, dann tranken wir auf die Deutsch-Russische Freundschaft, die glorreiche Rote Armee und daß der Altkanzler den Krieg nicht gewonnen hatte. Einer der drei fuhr noch Bier und Kippen holen, obwohl die Geschäfte ja schon zu waren. Irgendwo gab es immer was. Erst um halb 4 trennten wir uns und wir fielen todmüde ins Zelt.
Abschied um 3.22 Uhr