28. August 2011: Vulcaneşti (MD) – Tiraspol (Transnistrien) – Odessa (UA)

Tagesetappe: 400 km

Nachdem wir ausgeschlafen hatten hingen wir noch ziemlich lange im Hotel herum. Es lag eine ungewisse Stimmung im Raum, da wir nochmals ein wenig über Transnistrien gelesen hatten und die vielen Horrorstorys speziell bei Taylan ziemliche Skepsis ausgelöst hatten. Er hatte kaum noch Geld dabei, und wenn wir an der Grenze abgezockt werden würden, läge er trocken. Glücklicherweise kamen wir doch noch überein, auf die Geschichten aus dem Internet zu scheißen und loszufahren. Hätten wir bisher auf solche Storys gehört, wären uns schon viele schöne Orte entgangen. Also auf, auch wenn es nur eine Stippvisite wird. Um 14.30 Uhr fuhren wir los und bewunderten sogleich die stark UdSSR-mäßigen Gebäude rund um das Hotel herum. Es wirkte alles recht trostlos.

Hotel Vulcaneşti

 

Wir fuhren durch Comrat, die Hauptstadt Gagausiens. Die Orte, die wir außerdem kreuzten, waren alle recht ärmlich. Die Menschen sahen aber nicht besonders traurig aus, fast im Gegenteil. Auch auf den Dörfern lebten noch viele junge Menschen und so begegnete uns auch manch ansehnliches weibliches Geschöpf. Es war auffällig, daß sich keine Bank oder Wechselstube auftun wollte. Wir hatten nur moldawische Mickeymaus im Wert von 3 oder 4 EUR und mußten ziemlich bald tanken. Ich versuchte, mit Euro zu tanken, hatte aber erst bei der dritten Tankstelle Erfolg und bekam nur 10 Lei für 1 Euro. Der Offizielle Wechselkurs liegt aber bei ugf. 15 MDL/EUR. So kostete der Liter Diesel gute 1,41 EUR. Aber wir konnten ja später in Transnistrien günstig tanken, wenn alles gut läuft. Daher tankte ich auch nur für 20 EUR. Zu allem Überfluß war die Radkappe hinten links wohl irgendwo auf der Strecke weggeflogen.

Der Straßenzustand wechselte ständig zwischen „in Ordnung“, schauderhaft, katastrophal, brandneu und babypopoglatt. Gelegentlich, wenn es ganz heftig wurde, setzte der Unterboden leicht auf. Als wollte man den Zugang zum Land jenseits des Dnestr dadurch unterbinden.

moldawische Straßen ...

In Căușeni folgten wir der Straße nach Bender. Die Grenze, die eigentlich keine ist, kam mit einer extrem breiten vierspurigen Straße mit gutem Belag näher. Dann ein Schild: „Costums Control Zone“. Ich war mir nicht sicher, ob das jetzt Moldauer oder Transnistrier waren. Es waren die Moldauer. Der Grenzer sah die Pässe kurz durch und sagte mir „You enter another country“. Er konnte etwas deutsch, scherzte rum, und wünschte uns noch einen schönen Tag. Ausreisestempel gibt es hier nicht. 500 m bergab folgte ein Gitter, an dem zwei schwerbewaffnete Militärs standen, zwischen denen man sich mit dem Auto durchschlängelte. Dann sah man schon den blauen Grenzkomplex der Transnistrischen Moldauischen Republik. Eine handvoll Polizisten in blauen Uniformen standen dort herum. Einer begrüßte uns in einem Mix aus Russisch und ein paar Englisch-Bröckchen, sah kurz in die Pässe und bat mich, rechts ranzufahren und zum Zoll zu gehen. Dort sollte das Fahrzeug angemeldet und die Straßenbenutzungsgebühr bezahlt werden. Taylan und Jonas blieben im Auto. Es war kurz vor 18 Uhr, als die Formalitäten losgingen.

Der Zöllner nahm meinen Paß und den Fahrzeugschein an sich und füllte das Formular für mich aus, was eine Weile dauerte, da er mit den lateinischen Buchstaben etwas seine Schwierigkeiten zu haben schien. Er machte mir mit Händen und Füßen (er sprach nur Russisch) klar, daß für das Ausfüllen 5 EUR fällig werden würden. Davon las ich auch schon, war in Ordnung. Ich ließ ihn gewähren.

Zuzüglich wurden 5 Dollar Straßengebühr fällig. Lustigerweise rechnete er, nachdem ich ihm sagte, daß ich nur Euros dabei habe, tatsächlich aus, was 5 USD und 5 EUR in Euro sind. Er kam auf 9 EUR, ich gab ihm zwei Fünfer und sagte, daß es so stimmt. Er nickte und gab mir das ausgefüllte Formular mit der angetackerten Quittung für beide Gebühren heraus. Damit ging ich zum Polizisten zurück, der mich weiter zum Militärposten schickte.

Dieser sah ebenfalls nur kurz die Pässe durch, zog die Lesestreifen unten an den Plastikabschnitten in den Pässen, wie das an vielen anderen Grenzen auch üblich ist, durch einen Scanner (wahrscheinlich von den Russen oder der EU gesponsert) und schickte mich wieder zurück. Der Polizist zeigte mir, wo die Migrationsbehörde ist, nämlich gegenüber vom Zoll. Ich lief wieder am Dünomat vorbei, wo Taylan und Jonas sehr skeptisch guckten und anscheinend etwas nervös waren. Ich gab einen „Daumen hoch“, um sie zu beruhigen. Bisher lief alles sehr gut.

Dort wurden drei Formulare für die Insassen ausgefüllt. Zum Glück ist das mittlerweile auch mit lateinischen Buchstaben möglich und ich mußte nicht anstehen. Die junge gutaussehende Dame gab alles in den Computer ein. Sie fragte, was wir in Transnistrien wollten. Ich sagte, wir wären Touristen, wollten nur einmal nach Tiraspol fahren, hier an diesem Posten wieder ausreisen und zurück nach Moldawien. Das war in Ordnung. Man ist da in guter kommunistischer Tradition sehr pingelig, da man noch riesige Angst vor Spionen und ähnlichem hat. Sie gewährte uns eine Aufenthaltserlaubnis bis 4 Uhr des Folgetages und sagte, daß wir pünktlich zurück sein sollten. Haben nichts anderes vor …

Sie gab uns drei „Talons“ als Ersatz für die Paßstempel, die die PMR mangels internationaler Anerkennung nicht setzt. Ein Stempel im Paß wäre natürlich geiler gewesen. Unser Polizist sah nun, daß wir alles erledigt hatten und sah noch kurz in den Kofferraum, warf diesen aber sofort wieder zu. Ich nahm noch die Kamera wieder raus, die wir vorher versteckt hatten, weil die anscheinend niemanden interessierte. Wir konnten nach nicht einmal einer Stunde weiterfahren und hatten kein Schmiergeld bezahlt. Mal wieder lief alles 100 mal besser als gedacht. Wir waren in Land Nummer 16 der Reise, ich zähle Transnistrien hier ausdrücklich mit.

Die Straße wurde wieder etwas schlechter, aber nicht so katastrophal wie in Moldawien. Wir ließen Bendery (moldawisch Tighina oder auch nur Bender) links liegen und fuhren auf die Brücke über den Dnestr (deutsch Dnister) nach Tiraspol, der Hauptstadt. Ein Militär stand dort vor einem russischen Panzer wie eine Statue, als Denkmal für den „gewonnenen“ Transnistrien-Krieg. Man muß kurz anhalten, darf aber sofort weiter fahren, weil sich keiner für einen interessiert.

Wir kamen am Stadion von Sherrif Tiraspol vorbei, ein Retortenfußballverein, der sich aus den Einnahmen des Konzerns finanziert und das modernste Stadion im Umkreis von mehreren hundert Kilometern besitzt. Man hat auch schon einmal in der UEFA Europa League gespielt und es bis in die Play-Offs der Champions League geschafft. Hier gab es auch einen Mercedes-Händler. Man weiß ganz deutlich Prioritäten zu setzen. Der Sheriff-Konzern ist so etwas wie ein Monopolist für Supermärkte, Tankstellen, Fabriken, den Fußballverein und vieles mehr. Angeblich ist der Chef von Sheriff der Sohn des Zollministers. Ebenso angeblich ist Sheriff für allerhand Schmuggelgeschäfte an der Grünen Grenze von der Ukraine nach Transnistrien und von dort nach Moldawien und in die EU verantwortlich. Das wird gerne von Politikern eingeworfen, wenn es, selten, mal um Transnistrien in der internationalen Politik geht. Abgesehen davon scheint der immer noch schwelende Konflikt niemanden außerhalb der Region zu interessieren, da in den letzten 20 Jahren keine Lösung gefunden wurde und das Land immer noch eine völkerrechtlich umstrittene de facto-Republik ist.

All diese Vorwürfe ließen sich aber nie nachweisen, und so kann man nicht sicher sein, ob es nicht einfach plumpe Propaganda gegen dieses kleine Land ist, das blöderweise auch noch die „falsche“ Staatsform hat. Fakt ist, daß im Gebiet des heutigen Transnistriens zu Sowjetzeiten ein Großteil der Schwerindustrie angesiedelt wurde. Entsprechend schlecht steht Moldawien heute da. Dies war unter anderem einer der Gründe für den Krieg zwischen Moldawien und der PMR (Pridnestrowskaja Moldawskaja Respublika). Die transnistrischen Offiziellen bevorzugen die russische Bezeichnung „Pridnestrowje“ und mögen es nicht, wenn man ihr Land „Transnistrien“ nennt, da dieser Name aus dem Moldawischen stammt.

Im Gebiet der heutigen PMR stellten nach dem Zerfall der Sowjetunion mit dem Kreml verbundene Bürger die Mehrheit, weshalb diese nach der Unabhängigkeitserklärung Moldawiens von der Sowjetunion ihr Gebiet wiederum für unabhängig von Moldawien erklärten. Sie fühlen sich noch heute stark mit Rußland verbunden und werden von Moskau mitfinanziert, unter anderem weil Gazprom auf das Geld für seine Gaslieferungen verzichten soll. Ärgerlicherweise liegt mittlerweile die Ukraine zwischen der PMR und dem großen russischen Mutterlande. Die Bevölkerung besteht heutzutage aus ungefähr je einem Drittel ethnischer Russen, Ukrainern und Moldawen.

Tiraspol in den drei Amtssprachen: Russisch, Ukrainisch und Moldawisch (allerdings hier mit kyrillischen Zeichen)

transnistrisches Kennzeichen

Wir erreichten einen Sheriff-Supermarkt und hielten dort an. Genau gegenüber lag eine Wechselstube, bei der wir erst mal nur jeweils 5 Euro eintauschten, da wir lasen, daß man aufgrund der niedrigen Preise Schwierigkeiten haben würde, sein Geld auszugeben. Es gab 15,1 Transnistrische Rubel für 1 EUR. Anschließend gingen wir in den Supermarkt. Taylan wurde wieder rausgeschickt, weil bei Sheriff Photographierverbot herrschte und er noch vor dem Drehkreuz erwischt wurde. Er legte die Kamera in den Kofferraum und kam nach.

Der Supermarkt stand einem Rewe oder Aldi in nichts nach, es gab alles was das Herz begehrt, von Mangelwirtschaft keine Spur. Ein Großteil der Waren kommt aus Rußland oder der Ukraine. Wir nahmen erst einmal nur den guten Kvint-Cognac für um 1 EUR die Flasche und ein paar russische Zigaretten mit lustigen Namen wie „Pjotr“ für um 20 Cent die Packung mit und wollten später noch einmal wiederkommen, weil es bald dunkel sein würde und wir noch ein paar Bilder bei Tageslicht machen wollten.

Es sah aus wie in der Sowjetunion, zumindest so, wie ich sie von Bildern kenne. An jeder zweiten Ecke irgendein Monument oder ein Plakat mit den Farben der PMR sowie Hammer und Sichel. Wir fuhren quer durch Tiraspol, mit dem groben Ziel auf den Prachtboulevard, den man aus den Dokumentationen kennt, zu kommen. Das war aber nicht so einfach, weil es nur ein Schild zum „Tsentr“ gab, das dort aber nicht hinführte. Wir fanden uns in den äußeren Bezirken wieder, wo die Menschen, die auch nicht anders aussahen als in der EU und oft sehr modern gekleidet waren, ihrem Tagesablauf nachgingen. Ob verliebte Paare, Geschäftsleute im Anzug oder Rentner mit Gehstock – die Einwohner sahen in ihrer Mischung aus wie in jedem anderen modernen Land der Welt und ließen überhaupt nicht den Eindruck zu, daß es sich hier um ein besonders unterdrücktes Volk, das unter seiner Staatsform leidet, handeln würde.

Durch Navigierung mit dem Kompaß fuhren wir wieder in Richtung der Grenze zurück und erreichten den gesuchten Boulevard, der eine Art Stadtzentrum ist. Zunächst erreichten wir den Domsowjetow, das Gebäude des obersten Sowjets. Besondere Attraktion war natürlich die Leninstatue, nicht die einzige in Tiraspol, diesem riesigen Verschnitt eines UdSSR-Freizeitparks.

Links die Tafel für die Helden der Republik

Werbung für Putin direkt gegenüber

Computerzentrum

Etwas weiter wurde die Straße gerade für den Unabhängigkeitstag am 2. September vorbereitet. Wir hielten an einem Transparent und photographierten den Daimler mit dem Wappen der PMR im Hintergrund. Eine offizielle Dame kam zu uns und erklärte uns, daß wir die Statue dahinter und die Arbeiten nicht photographieren dürften. Wir kreuzten die Straße, wo ein Park direkt an den Boulevard anschloß. Taylan machte ein paar Bilder davon und von der Kvint-Fabrik, die man von hier aus sehen konnte. Ich nahm mir kurz die Kamera und machte, als die Dame auf der anderen Straßenseite wieder weggegangen war, noch ein paar Photos von der Szenerie.

Statue für Franz de Volan

„Wir sind stolz auf Dich, unser Vaterland Pridnestrovie!
2. September 2011 – Gedenktag des Tages der Bildung der PMR“

Man beachte auch links oben das Bild von Medwedjew und dem PMR-Präsident Igor Smirnov (w)

Wir fuhren weiter, kamen an der orthodoxen Kirche vorbei, die gerade restauriert wurde, und sahen dann rechterhand das Regierungsgebäude mit einer riesigen Leninstatue davor. Noch in dem Moment, als Taylan ein Photo davon machte, öffnete sich eine Tür des Gebäudes und ein Militär kam heraus und rief uns etwas zu. Innerhalb von Sekundenbruchteilen war Taylan wieder auf dem Beifahrersitz und ich auf dem Gaspedal.

Lenin vor dem Regierungsgebäude

Wir fuhren wieder in Richtung der Grenze zurück, weil die Sonne schon untergegangen war. An einem typisch sowjetischen Plattenbau hielten wir noch mal für ein Photo und fuhren dann zu einem Sheriff-Supermarkt, der gerade auf dem Weg lag. Ich versuchte, an einem Geldautomaten etwas abzuheben, aber dort funktionierten nur transnistrische Geldkarten. Der PMR-Rubel ist außerhalb dieses Landstreifens wertlos und nicht kompatibel. Angeblich soll es woanders in Tiraspol Automaten geben, die Euro und US-Dollar auswerfen.

Wir tauschten daher direkt im Supermarkt noch Geld – ich etwas mehr, da noch getankt werden sollte – und kauften ein. Neben den Zigaretten für 2 EUR die Stange (Marke Beverly, seltsamerweise aus Großbritannien), Kvint-Cognac und -Wodka (je ugf. 1 EUR die Flasche) auch allerhand Lebensmittel für die restlichen Tage. Neben transnistrischem Käse, Fleisch oder Brot gab es auch Importlebensmittel aus Deutschland, teilweise auch mit deutschsprachiger Aufschrift. Sogar Coca-Cola, die Zuckerbrause des Klassenfeinds, gab es hier. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trugen lustige „Uniformen“ in blau und rot, mit „Sheriff“-Käppchen und waren sehr freundlich zu uns, auch wenn wir jeweils nur drei Wörter Russisch sprachen.

Als wir unsere Einkäufe einluden sah ein Herr, der gerade aus seinem Auto gestiegen war, auf unser Kennzeichen und sprach uns an. Er sagte, er käme aus Idstein, eine Nachbarstadt von Wiesbaden und Jonas’ Heimatort. Was für ein Zufall! Leider ging er rasch weiter, ich hätte gerne noch gefragt, was er hier treibt und wie das zustandekommt, daß er hier wohnt (sein Auto hatte transnistrische Kennzeichen).

Bei der Sheriff-Tankstelle vor dem Stadion vertankte ich die letzten Rubel. Der Dieselpreis betrug 13,05 Rubel oder umgerechnet 0,864 EUR pro Liter. Anschließend ging es zurück zur Grenze. Wir fuhren absichtlich am selben Posten wieder nach Moldawien herein und nahmen nicht die direkte Strecke aus Transnistrien nach Odessa ohne Umweg durch Moldawien. Angeblich soll man dort nicht ohne Probleme oder Schmiergeldzahlungen durchkommen, weil man von den PMR-Grenzern natürlich keinen moldawischen Ausreisestempel erhält.

Ein Polizist empfing uns, nahm uns die Einreisetalons aus den Pässen. Mit diesen und dem Fahrzeugschein, so sagte er uns, müßten wir wieder zum Militärposten. Dort wurden die Daten in den Computer eingegeben. Als das erledigt war, sagte der Polizist, wir dürften fahren. Unfaßbar! Wir waren erfolgreich durch das Reich des Bösen gefahren und haben, entgegen aller Unkenrufe, keinen Cent Schmiergeld bezahlt und wurden auch nicht verhaftet, sondern im Gegenteil stets sehr zuvorkommend und freundlich behandelt. Ich komme gerne wieder und hoffe, ich habe dann Gelegenheit, mir ein bißchen mehr anzusehen.

An der Moldawischen „Einreise“ sah der Polizist die Pässe durch und verschwand mit ihnen im Kabuff. Es war ein anderer als bei der „Ausreise“. Nach 10 Minuten kam er wieder, sagte, alles sei in Ordnung und schickte mich zur „Banka“. Dort traf ich auf einen Typen, ugf. 30 Jahre alt, der relativ gut Englisch konnte. Er fragte, wo ich gestern abend eingereist sei und wie viel ich dort für die Ökosteuer bezahlt hatte. Diese sei jetzt nämlich erneut zu bezahlen, weil die damals entrichtete angeblich nur für einen Tag galt. Er druckte eine Quittung aus, ich mußte 25 Moldau-Lei bezahlen. Ich gab ihm die 40 die ich noch hatte, daraufhin wünschte er mir einen schönen Abend. Damit war ich nicht ganz einverstanden. Weniger wegen den paar Cent, die er sich einstecken wollte, sondern eher weil ich das Geld als Andenken behalten wollte. Auf mein Drängen erhielt ich noch 10 Mickeymaus Wechselgeld, aber der Rest war dann wohl Trinkgeld, weil er mich nicht mehr verstehen wollte. Wir durften ohne Untersuchung des Autos weiter. Es war schon stockdüster und wir hörten wieder einmal Hundegebell aus allen Richtungen.

Wir bogen in Richtung Ștefan Vodă ab und folgten dort dem Weg nach Palanca, der Grenze Moldawiens zur Ukraine. Die Straßen wurden besser. Auf den letzten Kilometern war die Straße dort, wo nicht gerade Bauarbeiten waren, brandneu.

Nachdem wir einige Beinahe-Geisterdörfer passiert hatten, erreichten wir die moldawische Ausreise. Dort wurden die Pässe durchgesehen, die Ausreisestempel gesetzt und wir wurden zum Zoll weitergeschickt. Erst wußte ich nicht, wo der war, weil es kein weiteres Gebäude gab. Ich fragte herum und ein dicklicher alter Mann kam herbei, sah kurz in den Kofferraum und wünschte uns noch einen schönen Abend, obwohl die Sheriff-Tüten vor ihm aufgebahrt waren und darin allerhand zollrelevanter Kram steckte.

Es folgten ugf. 5 km Niemandsland – unheimlich. Wir sahen die Grenzpfähle von Moldawien und der Ukraine. Die ukrainischen Grenzgebäude folgten erst eine gute Weile später.

Eine Polizistin gab uns einen Talon mit unserem Kennzeichen und der Passagierzahl. Das war ihre einzige Aufgabe. Mit diesem Zettel ging ich an einen Schalter, wo die Pässe gestempelt und gescannt wurden. Fertig, komplett ohne Wartezeit. Eine Zollkontrolle gab es nicht. Wir waren im 17. Land unserer Fahrt. Die Straße führte direkt nach Odessa, was gute 40 km von der Grenze entfernt war. Es war schon kurz vor Mitternacht. Wir suchten nach einem Hotel. Nachdem wir ukrainische Mickeymaus abgehoben hatten, fuhren wir kreuz und quer durch die Stadt, wobei das viele Kopfsteinpflaster mich langsam verrückt machte. Hatte das Steuer heute auch noch nicht an Taylan abgegeben. Irgendwann erreichten wir ein Hochhaus des Hotel Yunost. An der Rezeption erhielten wir das günstigste Zimmer, was leider immer noch recht teuer war. 15,50 EUR pro Person und Nacht. Es war mit seinem sowjetischen Charme auch recht spartanisch, das Bad mußten wir uns mit dem gegenüberliegenden Zimmer teilen. Aber wir hatten ja keine Wahl, und Wildcampen war nicht Taylans Sache. Wir aßen zu Abend, tranken 1-2 Bier und legten uns hin. Morgen wollten wir auf die Krim fahren.

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