16. August 2011: Klokotnitsa (BG) – Çanakkale (TR)

Tagesetappe: 350 km

Das erste Motel war abgeschlossen, niemand an der Rezeption. Das zweite in Klokotnitsa hatte kein Zimmer mehr frei, aber der englischsprachige Besitzer sagte, 5 km weiter käme rechterhand ein riesiges Motel, das man von der Straße aus schon sehe. Tatsächlich hatte es eine Leuchtschrift, sodaß man es erkennen konnte, obwohl es etwas abseits lag (41°58'31.77"N 25°31'46.41"E). Mich verstand auf Englisch und Deutsch niemand, der Securitymann sagte einige Sprachen auf, die er beherrschte, darunter Spanisch. Aber auch meine kärglichen Kenntnisse auf diesem Gebiet reichten nicht aus, um alles zu klären. Glücklicherweise konnte er aber Türkisch, sodaß ich Taylan aus dem Auto holen und vorschicken konnte. Die beiden klärten die Angelegenheit in einem sehr heiteren und ausschweifenden Gespräch. Das Zimmer kostete lächerliche 25 EUR die Nacht, es war einfach, aber in Ordnung, und wir bekamen sogar noch Mineralwasser aufs Zimmer. Es gab ein offenes WLAN, ob aus dem Hotel oder von draußen, und recht schnell waren wir im Land der Träume.

Motel Klokotnitsa

Für unsere Verhältnisse waren wir früh wieder auf der Straße. Die Grenze war in gut einer Stunde erreicht, an der letzten Tankstelle wurde randvoll getankt und auch der Kanister bis zur Krause gefüllt. Leider war es wieder etwas teurer als im Landesinneren, der Liter 2,46 Lew – Umrechnungskurs wie D-Mark zu Euro. Das macht 1,257 EUR /L.

Die Bulgarische Polizei sah sich nur die Pässe an, der Zoll war nicht da. Im Niemandsland zeigte sich eine riesige neue türkische Grenzanlage, bei der niemand anstand. Vielleicht wegen Ramadan? Natürlich haben wir schon viele Horrorgeschichten über die Einreise in die Türkei gehört. Daher bat ich Taylan, kein Türkisch zu sprechen, aber er sagte das würde nicht funktionieren, so gut könne er nicht lügen. War auch gar nicht notwendig, denn im Einreiseschalter saß ein Gleichaltriger, der sich die Pässe ansah, und sofort mit Taylan eine Konversation begann. Sie unterhielten sich über die Deutschen Fußballclubs und türkischstämmige deutsche Spieler, während er die Stempel setzte. Er verabschiedete sich mit „Na Taylan, dann zeig den Deutschen mal das Land, viel Spaß!“.

500 Meter weiter kam der Zoll, dort saßen zwei junge Türkinnen drin, die sich die Autopapiere ansahen und das Auto in meinen Paß eintrugen. Wir bekamen die Erlaubnis, das Auto für ein halbes Jahr in der Türkei lassen zu dürfen. Schönen Aufenthalt sagte sie, dann ging die Schranke schon auf – unglaublich unkompliziert. Land 13.

Unser erstes Ziel war Edirne, das nur wenige km hinter der Grenze lag. Eine der ersten Sachen die auffiel war, daß der Sprit doch nicht so extrem teuer war. Dies lag daran, daß sich die Türkische Lira (TL oder offiziell TRY) momentan im freien Fall befand. Der Kurs lag heute bei ugf. 2,46 TRY für 1 EUR und der Liter Diesel lag bei 1,50 EUR pro Liter. Im Internet las ich noch etwas von 1,80. In der Türkei gibt es verdammt hohe Steuern auf Kraftstoff, weil das eine der wenigen Möglichkeiten des türkischen Staates ist, an ausreichend Steuergelder kommen. Benzin liegt hier je nach Wechselkurs auch gerne mal bei 2 EUR den Liter.

In der Nähe der großen Moschee wurde der Wagen geparkt, dann liefen wir in das Zentrum zwecks Geld und Essen. Eine besondere Spezialität der Region, Ciğer (Leber), wird überall verkauft und es gibt Lokale, die ausschließlich diese anbieten. Da wir alle nicht so auf Innereien standen suchten wir weiter, bis wir eine Bude fanden, in dem man sich von der Theke einen Teller mit allem möglichen zusammenstellen konnte und bezahlten für alle zusammen mit Getränken 36 TL.

Wieder zurück an der Selimiye-Moschee (seit 2011 UNESCO-Weltkulturerbe) besuchten wir das kostenlose Museum. Anschließend liefen wir um die Moschee herum und ruhten uns darin etwas aus. Auf dem Weg zurück zum Auto ließ sich Taylan von einem alten Mann eine Gebetskette aufschwatzen. Taylan gab ihm einen Zehner, die Kette sollte aber eigentlich weniger kosten. Aus Dankbarkeit für den wertvollen Geldschein und weil Taylan mit dem Preis nicht ganz einverstanden war „schenkte“ der Mann Jonas und mir ebenfalls je eine Kette, steckte den Schein ein und empfahl sich.

An einem Kiosk nahmen wir noch kalte Getränke mit und fuhren von dannen, in Richtung Çanakkale, an der Meerenge der Dardanellen gelegen, die Ägäis und Marmarameer voneinander trennt.

Auf dem Weg nach Eceabat, wo die Fähre nach Asien geht

Meer in Sicht!

Die Dardanellen in Sicht

Wir durchfuhren eine schöne Landschaft und sahen immer wieder kurz das Meer, bis wir den schmalen Zipfel erreichten, von dem die Fähre nach Asien loslegte. Die kostete 23 TL und ging in fünf Minuten, wir waren gerade noch rechtzeitig da, um nicht warten zu müssen.

Zwischen Europa und Asien

So hatte der Dünomat nun alle in realistischer Entfernung liegende Kontinente erreicht. Der Lonely Planet empfahl für Çanakkale das Hotel Kestanbol, das auch nur drei Kreuzungen vom Fähranlieger entfernt war. Die Dame am Empfang bot uns ein Zimmer mit 4 Betten und Frühstück für 120 TL an, etwas teuer aber paßt schon. Das Auto, sagte sie, sollten wir am Besten direkt vor dem Hotel auf der Straße abstellen, das sei genauso sicher wie der Otopark (bewachter Parkplatz). Nachdem das Zimmer bezogen war liefen wir durch die Stadt, auf der Suche nach einer Wechselstube und einem guten Restaurant.

Eine Wechselstube gab es nicht, die Banken hatten schon zu. Ich zog Lira aus dem Automaten und wechselte mit den anderen. Vor der Pizzeria Napoli aßen wir drei Pizzen für 27 TL inkl. Getränke. Dann ging es weiter zur recht ansehnlichen Strandpromenade. In einer Bar gab es 0,5er Beck’s für 6 TL. Es war wegen Ramadan die Hölle los. Weiter entlang der Promenade sahen wir ein Basketballspiel auf einem in die Straße eingelassenen Spielplatz sowie das echte Trojanische Pferd aus dem Film „Troja“. Dann liefen wir durch die schwüle Nacht zurück zum Hotel, im Zimmer stand die feuchte Luft bei mindestens 35 °C. Taylan hatte noch ein wenig mit seiner Erkältung aus Guča zu kämpfen und war vehement dagegen, die Klimaanlage laufen zu lassen. Nachdem sich unsere beiden etwas erhitzten Gemüter wieder abgekühlt hatten, konnten wir einen Kompromiß finden.

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