10. August 2011: Kruja – Tirana – Berat – Borsh

Tagesetappe: 365 km

Wir schliefen halbwegs aus und frühstückten im Hotelrestaurant, nachdem wir den Schlüssel an der unbesetzte Rezeption abgelegt hatten. Es gab Limo, Cappuccino, Brot, Butter, Ziegenkäse und Marmelade satt. Für den Übernachtungspreis der Hammer!

Bevor es in Richtung Berat ging kaufte ich noch fix bei Auto-Turi einen Dieselfilter. Das Motoröl war mir zu teuer. Es ging zurück zur Hauptstraße in Richtung Tirana.

 

George-W.-Bush-Platz, benannt nach dem großen, allseits beliebten Friedensfürsten,
der während eines Staatsbesuch hier in Fushe-Kruja vorbeisah und dem angeblich
währenddessen die Armbanduhr geklaut wurde

Es fällt auf, daß es entlang der Hauptstraßen mehr „Lavazh“-, also Autowäsche-Häuserl als alles andere gab. Die Albaner wissen Prioritäten zu setzen und ein frisch gewaschener Wagen gleicht schließlich so manchen Karosserieschaden wieder aus.

Wenige Kilometer vor Tirana gab es direkt an der Straße einen vertrauenswürdig aussehenden Auto-Servis, wo der Ölwechsel erledigt wurde. Als man das Deutsche Kennzeichen erblickte, wurden wir erst einmal mit einem freundlichen „Heil Hitler“ begrüßt. Der Meister verstand zwar weder Deutsch noch Englisch, wußte aber sofort bescheid, als ich ihm den Ölfilter zeigte. Die Arbeit erledigte er im Schlaf, kein Wunder, denn mindestens 10 % aller Fahrzeuge hier in Albanien sind W123 Diesel. Er brachte noch 5 Liter 10W40 an den Start und legte los. Der Wechsel kostete inklusive dem hier gekauften Öl 5000 ALL.

Auch die Polizei läßt offenbar hier warten, siehe im Hintergrund

Kurze Zeit später waren wir mitten drin im Großstadtverkehr Tiranas, angeblich einer der verkehrstechnisch betrachtet chaotischsten Städte Europas. So schlimm wie vermutet war es aber auch nicht. Eigentlich war es an diesem Tag nur ganz normaler extragermanisches Großstadtgewühl.

Das Navi geleitete uns sicher in Richtung Elbasan, während ich ein Video der Durchfahrt drehte (folgt). Wir hätten zwar auch die Schnellstraße über Durres nehmen können, doch ich wollte unbedingt einmal hier durch gefahren sein. Es ging eine schöne Bergstraße entlang, bis uns die Serpentinen wieder in die Tiefebene geleiteten und wir in Richtung Berat abbogen.

Mittelgebirge vor Elbasan

Rast, ich hatte gerade Purki am Hörer

Die Landstraße hierhin war doch teilweise sehr schlecht und wies darauf hin, wie es wohl vor ein paar Jahren im gesamten Land ausgesehen haben muß. Ständig müssen Schlaglöcher umschifft werden. Währenddessen rief Purki an, mit dem wir uns an der Küste heute abend treffen wollten. Er war mit einigen Freunden auf einer Balkantour und hier kreuzten sich unsere Wege, wie ich vom Martin aus Soizbuag erfuhr. Wir kennen uns alle über die 123er-Szene beziehungsweise das Goldth-Forum. Goldth Meet Albania – grandios!

Doch zunächst stiefelten wir einmal durch die Stadt der tausend Fenster, wie Berat auch genannt wird. Die Altstadt ist UNESCO-Weltkulturerbe. Rechts des Flusses kreuzten wir durch den beinahe menschenleeren Stadtteil Gorica mit sehr engen Gassen. So hatten wir uns das nicht vorgestellt, ganz anders als die Städte, die wir bisher sahen. Hier lebten die Einwohner, es gab nicht einen einzigen Touristenladen. Dito in den Gassen auf der anderen Seite des Flusses, im Stadtteil Mangalem. Postkarten und ähnliches gab es nur an der Hauptstraße. Wir liefen den Berg hinauf zur Burg von Berat, „Kalaja“ genannt, wo wir 50 ALL Eintritt im Studententarif bezahlten und auf eine Hochzeitsgesellschaft trafen, die stilsicher im W124 und im 190er Diesel vorfuhr und hier schicke Bilder des Brautpaares schoß.

Stadtteil Mangalem

Gassen im Stadtteil Gorica

Wieder in Mangalem

Blick von Mangalem auf die Neustadt

Weg hinauf zur Burg

Der 124er des Brautpaares

Freundliche Menschen überall
Vielleicht sollten die ganzen Albanien-Schlechtreder erst einmal hinfahren, bevor sie Unsinn erzählen!

Eine der wenigen Kehrseiten der albanischen Medallie – die Vermüllung
Meiner persönlichen Ansicht nach liegt das weniger im Wesen des Albaners,
sondern eher am Mangel an Mülleimern und damit verbunden wohl an einem Müllentsorgungssystem, wie wir es kennen.

Oben gab es ebenfalls ein Kiosk, wo wir uns mit kühlem Naß versorgten. Der Hunger machte sich doch bemerkbar, also fragten wir im angrenzenden Restaurant „Onufri International“ nach. Eine Karte gab es nicht, aber wir könnten das „traditional dishes“-Menü für drei Personen für 3100 ALL haben, ließ die englisch sprechende Tochter der Gastwirtfamilie verlauten. Wir ließen uns darauf ein.

Was soll man sagen, so gut habe ich noch nie vegetarisch gegessen. Es wurden immer wieder neue Teller auf den Tisch gestellt, egal wie oft wir dachten, daß es das doch nun gewesen sein müßte. Salat, Auberginen, gefüllte Paprika usw. und zum Schluß, als wir gar nicht mehr konnten, sogar noch Nachtisch. Der Vater sang immer wieder Lobgesänge über Deutschland und wies uns darauf hin, daß heute Abend Deutschland gegen Brasilien spielen würde.

Die Nacht war fast hineingebrochen, also liefen wir zurück zum Auto und machten uns auf den Weg zu den Österreichern, die schon am Strand von Borsh warteten und mir die Wegbeschreibung mitteilten. Gjirokaster mußten wir leider ausfallen lassen.

Ein letztes Photo von mir und der Berater Neustadt

Ich ließ Taylan fahren, um mich etwas auszuruhen. Es gab leider keine Direktverbindung, wir mußten daher erst einmal wieder gut 50 km in Richtung Norden fahren, um dann nach Westen in Richtung Fier abzubiegen und dann später entlang der Küste nach Süden zu kommen.

Die Straße wurde nicht besser, sondern eher noch schlechter, die Straße zwar teilweise nur noch ein Teppich aus Schlaglöchern und Teerflicken. Hier tat mir mein Auto das erste mal richtig leid. In einem der vielen gottverlassenen Dörfer entlang der Route sah man vor einem Lokal die Menschen bis auf die Straße stehen, um das Fußballspiel sehen zu können. Und uns interessierte das in diesem Moment gar nicht. Vielmehr fuhren wir quer durch Albanien, um Abstand von Deutschland zu gewinnen, während die Albaner von Deutschland nicht genug bekommen konnten.

Die Strecke bis Borsh zog sich unglaublich. Es ging oft über kurvige Bergstraßen, sodaß kaum eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h überschritten werden konnte. Dementsprechend brauchten wir bis 1 Uhr des Folgetages, um die Tankstelle zu finden, an der wir abbiegen sollten.

zurück - start - weiter