4. August 2011: Plitvice-Nationalpark (HR) – Bihać (BiH) – Grebastica (HR)

Tagesetappe: 250 km

Da wir gestern doch etwas lang machten konnten wir erst in letzter Minute auschecken und fuhren sofort die wenigen Kilometer bis zur bosnischen Grenze, unser erstes Ziel war Bihać, das mir irgendwer kürzlich empfohlen hatte. Man fährt direkt nacheinander zu zwei gleich aussehenden Schaltern einer erst kürzlich neugebauten Grenzanlage und in einem sitzt der Kroate, im anderen der Bosnier. Bei beiden gabs nur einen Passcheck und dann wünschte man uns gute Reise! Land sechs der Tour war erreicht.

„Autokamp Korana“

Da sich im Tank nunmehr nicht mehr viel außer warmer Luft befand, tankten wir bei km-Stand 358.931 am Ortseingang für 60 D-Mark Diesel. Richtig, D-Mark. Bosnien führte nach dem Krieg in den 90ern die D-Mark als Währung ein und ließ sich auch durch die Euro-Umstellung nicht beirren. Man druckt zwar mittlerweile eigene Noten und nennt das ganze „Konvertible Mark“ (w), aber der Wechselkurs ist immer noch derselbe.

In der Innenstadt stellten wir den Wagen für 1 DM pro Stunde ab und liefen umher. An einem Automaten zog ich einen 50-Mark-Schein, anschließend kamen wir an der Moschee vorbei. Bosnien und Herzegovina ist ungefähr mit gleich vielen Muslimen und Christen bevölkert, jeweils um die 48 %. An vielen Häuserfassaden sah man noch die Einschußlöcher dieses unfaßbar sinnlosen und zerstörerischen Krieges vor nur wenigen Jahren. 

Hier handelt es sich nicht wie zuerst vermutet um Todesanzeigen sondern um Erinnerungsanschläge,
zum Jahrestag des Todes. Sie werden in der Nähe des ehemaligen Wohnhauses aufgebracht.

Danke an Harzhopper für den Hinweis.

In Bosnien gibt's wieder vergleichsweise viele 123er

Etwas abseits fanden wir ein nettes kleines Lokal, deren Besitzerin sogar etwas Englisch konnte. Börek 1,50 DM, Hähnchen mit Brot und Knoblauchöl 3,50 DM, Cola 2 DM. Bei Konzum kauften wir noch ein wenig ein, untere anderem eine Flasche Wodka für 10 EUR. An der Kasse reichte mein übriges Geld nicht mehr, Euro nahm man leider nicht an. Meinen 5-Euro-Schein nahm mir jedoch eine sehr freundliche Dame hinter uns aus der Hand, die mir dafür sofort 10 Mark in die Hand drückte, mit denen wir alles zahlen konnten. Und das, obwohl das eigentlich ein kleines Verlustgeschäft für sie war. In Deutschland undenkbar. 

Bihać kann man mitnehmen, wenn es auf der Route liegt, aber man muß nicht unbedingt. Die Innenstadt ist guter Durchschnitt, aber die Häuser mit den Einschußlöchern reißen es raus. Sonst gibt es kaum etwas zu sehen. Zumindest fanden wir es nicht.

Wir wollten noch etwas in Bosnien bleiben, fuhren daher entlang Magistralstraße 5 von Bihać nach Sarajevo und der Grenzlinie weiter nach Südosten, bis Bosanski Petrovac. Dort tankte ich den Daimler randvoll und konnte mit VISA bezahlen. Das war etwas günstiger als in Kroatien. Der Liter Diesel kostete 2,35 DM. An der Tankstelle sprach jeder etwas Deutsch, vielleicht weil sie einmal Gastarbeiter waren. Nicht unangenehm, ich wurde außerdem völlig einwandfrei und freundlich bedient. Wir bogen rechts ab, Richtung Kroatien und über einen kleinen Paß von gut 1000 m Höhe. Die Gegend hier war fast unbewohnt und erinnerte mit ihrer Leere und Weite ein wenig an Norwegen. Hier und dort stand mal ein Haus oder es wurde eines gebaut oder ein Bauer lief mit seinen Ziegen umher, aber viel mehr war dann auch nicht. Hier war es schon merklich kühler.

kurz vor der Grenze

Wir stehen noch in Bosnien, im Hintergrund ist schon Kroatien zu sehen

An der Grenze winkte uns der Bosnier nach Passdurchsicht durch, die hübsche Kroatische Polizistin auch, aber ihr Kollege vom Zoll sprach uns wegen der Ersatzreifen auf dem Dach an. Wir erklärten kurz, daß wir noch in die Türkei und die Ukraine fahren würden und es dort so schlechte Straßen hätte. Außerdem seien die Reifen nichts wert. Er nickte etwas ungläubig, aber ließ uns dennoch sofort weiterfahren.

Wir fuhren über Knin geradewegs auf die Adriaküste zu und durchquerten ein Gebiet, daß mit seinen vielen unmotiviert in der Fläche stehenden Sträuchern und Bäumen an Spanien oder Marokko erinnerte. Schön anzusehen. Bebauung oder Dörfer gab es hier auch kaum. Das Navi hatte irgendwie seine Tage und lotste uns statt über die Hauptstraßen durch Dörfer, die noch komplett im Neubau begriffen waren. Dann mußten wir über Feldwege zurück zur Bundesstraße finden. Die Leute, die vor Ihren halbfertigen Häusern standen starrten uns oft an, als wären wir Außerirdische. Wahrscheinlich waren wir die ersten idiotischen Touristen die sich in ihr gottverlassenes Dorf getraut hatten. Irgendwann ignorierte ich das dumme Gerät und folgte nur noch den Schildern. Zum Glück hatten wir die guten kostenlosen ADAC-Tourset-Karten dabei.

Irgendwo bei Knin

Das Navi war auf Pirovac eingestellt, wo wir auf die Küstenstraße 8 trafen und begannen, einen Nachtplatz zu suchen. Die meisten größeren Campingplätze waren zu voll oder zu spartanisch, respektive für ihren Standard zu teuer, daher zogen wir etwas weiter nach Süden. Dort fanden wir immer wieder nur private „Auto Camp“s, wo meist die Familie im Sommer ihren Garten für die Urlauber vermietet. Aber auch die waren oft überfüllt. In Grebastica wollten wir gerade wieder abdrehen, wo eine Camping-Mama uns auf ihren Platz winkte, den wir erst als voll einschätzten. Was wir nicht wußten war, daß im hinteren Abteil des Platzes noch eine riesige Fläche noch frei war und alle anderen, zumeist deutschen aber dennoch ganz freundlichen, Camper lediglich den Eingang zugebaut hatten. Jeder rangierte etwas hin und her und wir konnten uns abstellen.

Der Platz war erstaunlich günstig: 166 HRK für die Nacht, aber es ist bestimmt dennoch kein schlechtes Geschäft für das Ehepaar. Internet gab es hier selbstverständlich nicht, aber alles andere war in Ordnung und wir waren direkt in einem kleinen gemütlichen Ort direkt an der Lagune. Die Vermieterin kümmerte sich um uns so herzlich als wären wir ihre Kinder. Sie gab uns eine Kabeltrommel, einen Tisch für das Zeltmittelteil und eine Handlampe, um deren Funktionstüchtigkeit sie jedoch nicht genau bescheid wußte – „mußt Du gucken ob Licht Arbeit oder nix Arbeit!“. Etwas Deutsch konnte sie also auch.

Die Koordinaten von „Camping bei Mama“: 43°38'6.50"N, 15°57'48.24"E

Wir liefen zum Strand und legten uns in die Lagune. Das Wasser war hier leicht übersalzen, sodaß ein wenig Totes-Meer-Stimmung aufkam. Danach kauften wir im Supermarkt noch ein paar Bier und kochten Nudeln aus unserer Freßkiste.

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