30. Juli 2011: Innsbruck – Livigno – Sondrio
Tagesetappe: 330 km
Eigentlich viel zu früh wurde ich von den anderen geweckt, aber es sollte ja heute noch möglichst weit gehen. Wir gingen bei MPREIS Frühstück einkaufen und freuten uns auf frische Brötchen. Der Bäcker im Supermarkt hatte jedoch schon zu, weil es hier offenbar unüblich ist, daß jemand zu einer solch unchristlichen Zeit (ugf. 11 Uhr am Samstagmorgen) noch frühstücken möchte. An der Käsetheke konnten wir glücklicherweise noch jeweils zwei belegte Brötchen bekommen. Genug der Kritik, denn hier direkt an der Quelle schmeckt der Käse wenigstens noch nach etwas, wie wir feststellten.
Moment der Abfahrt, rechts Christians /8 220D
Blick auf Innsbruck
Christian begleitete uns in Richtung Brenner. Die Beschilderung in Innsbruck war scheiße, denn wir wurden fast auf die vignettenpflichtige Autobahn gelotst. Bei einem letzten Blick auf Innsbruck verabschiedeten wir uns und dankten für die herzliche Gastfreundschaft. Die italienische Grenze war bald erreicht. Nun hieß es endlich wieder Deutsche Denke ab- und Hirn anschalten! Fünf Wochen Erholung für Geist und Seele und gesunder Menschenverstand statt biedere Spießbürgerlichkeit um einen herum! Land drei war erreicht, auch wenn Südtirol ja historisch gesehen eigentlich nicht zählt.
Hinter dem Brenner bogen wir rechts ab auf den Jaufenpaß. Das hatte uns Christian empfohlen, denn eigentlich wollte ich über den Reschenpaß fahren und hätte dadurch nichts neues sehen können. Seine Empfehlung war goldrichtig, denn der Paß war sehr schön anzusehen und zu befahren.
Wir brausten durch das Vinschgau, das ist da, wo die Südtiroler Äpfel herkommen. Mal im Supermarkt drauf achten! Leider vergeht einem manchmal der Appetit, wenn man sieht, wie die Apfelbäume im Abgas hin und her wackeln. Bei Prad bogen wir dann bald links ab, die altbekannte Strecke auf das Stilfserjoch lag vor uns. Das war Pflicht. Es war schon nach 19 Uhr, daher gab es wenig Verkehr und guten Ausblick. Auf dem Paß wurden bei alpinen Temperaturen fleißig Würstel gebraten, doch da hatten wir kein Interesse dran.
Die obligatorischen Photos folgten und der Weg führte uns weiter auf die Höhe des Umbrailpasses, wo wir kurzzeitig die Schweiz betraten und nach zehn Minuten und einigen Photos wieder verließen. Das ganze eigentlich nur, um Land vier zählen zu können. Auf der Paßhöhe war es wie ausgestorben. Kein Zoll, niemand im Berghaus Astras, kein Verkehr. Lediglich ein paar Kühe standen unweit der Grenzlinie herum und warteten darauf, schon bald wieder Schweizer Milch geben zu können.
Blick herüber zum Stilfserjoch
Das obligatorische Umbrailpaß-Photo
Die Abfahrt führte weiter bergab nach Bormio. In der Kehre 18 hielten wir und liefen ein paar Meter weiter zu einem Wasserfall. Das Auto in der Kurve störte natürlich keinen, niemand mußte deswegen blöd herumhupen oder einen Aufstand veranstalten. Wir beobachteten den reißenden Strom, der gut sichtbar weiter bergab in ein Wasserkraftwerk mündete und machten viele Photos von dieser Stelle.
Zurück in Italien
Noch vor Bormio nehmen wir den Abzweig nach Livgno, denn selbstredend wollten wir noch zollfrei tanken. Über den Passo de Foscagno erreichten wir das Paradies eines jeden Autofahrers mit dem günstigsten Sprit der EU. 95,6 ct /L zahlten wir für jeden Liter Diesel, der bei km 357.954 in den Tank floß, und liefen noch kurz durch das Ortsinnere, wo die Gebirgsjäger einen Musikmarsch quer durch das Tal begannen.
Wir holten uns noch jeweils ein zollfreies Pizzastück fürs Abendbrot und zogen weiter, nachdem wir die weitere Route für den Abend geplant hatten. Es war schon 21 Uhr und die Sonne war gerade untergegangen, daher änderten wir den Plan und fuhren in Richtung des schweizerischen Puschlav-Tals wo wir weiter in Richtung Sondrio fahren wollten um einen Nachtplatz zu finden. In einem der vielen Duty-Free-Shops in Livigno wollten wir uns noch umsehen, doch weit und breit stand kein Verkäufer zur Verfügung. Theoretisch hätten wir den halben Laden samt Spirituosen und Tabakwaren leerräumen können. Erst nachdem ich mehrmals im angrenzenden Restaurant nachfragte, kam der Verkäufer zu uns.
Der Schweizer Zoll La Motta, wo wir 2008 gefilzt wurden, war nicht anwesend, also heizten wir bergab. Ich gab ordentlich Druck auf das Bremspedal und ließ alle Regeln der Kunst walten, um die Bremsen wieder etwas freizurubbeln. Da man mit dem 200D im Alltag so gut wie nie bremsen muß, kann man das schon mal machen. An der Schweizer Ausreise war wieder keiner anwesend. Die Italiener waren aber erneut übereifrig und zogen uns schon nach der Frage „parlare italiano?“ heraus, weil wir sie verneinen mußten.
Während alle anderen des Wege kommenden Autos durchgewunken wurden, bekamen wir das volle Pogrom einer Durchsuchung nach Drogen. Drogen? Nein. Waffen? Nein. Auf die Frage nach Tabak holte ich denselben, die Papers und meine Pfeife hervor. Besser so als später. Im Tabakbeutel fand sich ein jointartiges Gebilde, das ich gestern aus Jux mit Tabak gedreht hatte. Der Zöllner grinste hämisch, was ihm aber verging, nachdem er daran roch und nichts verbotenes feststellen konnte. Wir mußten alle Taschen in das Zollhäuschen mitnehmen, wo sie durchsucht wurden. Einer der Zöllner roch sogar an einem leeren Bonbonpapier, das Jonas in seinem Rucksack hatte. Erhebliche Beachtung fand auch sein Bündel mit hundert 5-Euro-Scheinen und das Sammelsurium diverser Währungen aus aller Welt, das er dabei hatte.
Bei Taylans Tasche, der letzten, bemerkten sie dann doch, daß wir keine so leichte Beute waren und fingen immer stärker an, auf italienisch miteinander zu diskutieren. Summa summarum fand man nichts und schaute daher noch mal weiter im Auto nach. Der Inhalt des Handschuhfachs wurde auf dem Fahrersitz drapiert und immer wieder wurden Fragen zu den Medikamenten, die ich dabei hatte, gestellt.
Schließlich, nachdem bestimmt mindestens 20 andere Autos mit Drogen unbehelligt über die Grenze gefahren waren, konnten wir weiter. Alle etwas besseren Verstecke wurden natürlich wieder ausgelassen. Wahrscheinlich wollten sie sich nur selbst wieder was von jemandem abzwacken, der zu blöd war, sein Zeug richtig zu verstecken.
Die Nacht rief, über eine Stunde hatte uns diese
kurzweilige Episode gekostet, daher suchten wir einen Schlafplatz in der
Nähe. Im Tal bis kurz vor Sondrio fanden wir keinen guten Platz direkt an der
Straße, daher fuhren wir seitwärts ab und auf den Berg bei Castello dell’Acqua. Dort kamen
Ortsdurchfahrten, die kaum breiter waren als der Daimler. Und in einer solchen
endete dann ganz unvermittelt die Straße, ich mußte auf einer lächerlich
kleinen Fläche wenden. Schlußendlich hielten wir an einer Einbuchtung auf der
Bergstraße und schliefen nach ein paar Gute-Nacht-Bieren so gut es irgendwie ging im Auto.