8. August 2010: Ounara – Had Draa – Stadtbesichtigung Essaouira – Ounara
Nach dem Frühstück und einem kleinen Rundgang durch Ounara, bei dem ich einen frischen Ersatzreifen für den Dünomaten aufstellen wollte, was aber trotz zweier Reifentandler nicht klappte, zogen wir mit dem Auto nach Had Draa. Hier war alles noch ein wenig ärmlicher und dörflicher als in Ounara und wir machten uns ein wenig Gedanken, wie wir hier wohl empfangen werden würden.
Siesta in Ounara
Ounara
In Had Draa
Doch nach den ersten Metern verflog jegliche Anspannung. Man begegnete uns weder freundlich noch feindlich, viele nahmen uns gar nicht wahr oder taten zumindest so. Selbst hier auf dem Dorf wurde klar, daß Reisetipps wie „keine kurzen T-Shirts und Hosen anziehen“ und „Frauen auf dem Land nur mit Kopftuch herumlaufen“ der Vergangenheit anhörten. Hier stießen wir kleidungsmäßig kaum heraus. Dennoch war klar, daß wir nicht „dazugehörten“. Aber das machte nichts. Auch das Filmen und Photographieren stieß hier nie auf Protest.
Wochenmarkt Had Draa
Katha und ich kauften uns jeweils einen Tajine-Topf für nur 20 Dirham. Sehr zu empfehlen und den überteuerten und fürs Kochen nicht zu gebrauchenden Touristennepptöpfen vorzuziehen. Es läßt sich darin wunderbar ein Abendessen für 1-2 Personen zubereiten und mit ein bißchen Übung schmeckt es sogar ein wenig so, als hätte es ein Marokkaner gemacht.
Beeindruckend war die Tatsache, daß wir außer Katha so gut wie
keine Frauen auf dem Markt gesehen haben.
Der Handel ist hier wohl eindeutig Männersache.
Wider die Wegwerfgesellschaft!
Lebensmittel jeglicher Couleur gibt es hier zu erwerben. Sehr zu empfehlen sind die Gewürze, die man hier auch testen und mit Gewichten abgewogen kaufen kann.
Es schien nichts zu geben, was hier nicht zu kaufen gewesen wäre.
Lecker Frischfleisch, gut abgehangen und sonnengereift!
Geht nicht? Gibt's nicht! Schon gar nicht dort, wo ein 123er im Spiel ist
Insgesamt können wir den Besuch des Marktes in Had Draa nur empfehlen, wenn man auf der Suche nach dem letzten Rest Originalität in Marokko ist und man sich dafür interessiert, wie die Menschen abseits der Touristenmetropolen wirklich leben. Das Aufeinanderprallen von Armut und Moderne, von Mittelalter und Neuzeit ist wieder einmal beeindruckend. Verläßt man den Wochenmarkt und geht auf die Straße zurück sieht man sofort die Kioske mit Coca-Cola-Werbung, halbwegs moderne Autos und Menschen mit Handy am Ohr. Auf dem Markt selbst könnte man mit wenigen Abstrichen aber auch denken, man wäre in die Zeitmaschine gestiegen.
Besonders krass wird es, wenn man direkt danach wie wir nach Essaouira fährt, eine Stadt mit für marokkanische Verhältnisse sehr modernen Bewohnern und Strukturen. Die Idee zum Besuch dieser Stadt kam von Taylan, der einiges darüber gelesen hatte und sehr von dem Fakt fasziniert war, daß Jimi Hendrix und andere Musiklegenden gerne hier einkehrten um Urlaub zu machen. Wenn man sich informiert hört man viel über die Kultur, die hier ihren Platz findet und von dem alljährlichen Gnawa-Musikfestival. Das klang interessant. Und ab dafür, auf daß es kein Reinfall wird.
Wir parkten den Daimler am verlängerten Boulevard Mohammed V, direkt vor dem Bab Sowieso. Der Platzwart forderte 10 Dirham ein und bat mich, die Handbremse wieder herauszunehmen. Ich bat darum, mein Auto nicht hin und herzuschieben. Gegen eine Verdopplung des Parkpreises ließ sich das einrichten. Win-Win-Situation.
Überall Cafés und Restaurants und viel Kultur, sehr schön!
Der große Platz am Hafen
Hafen. Lauter junge Marokkaner gehen im nicht gerade appetitlichen Hafenbecken schwimmen.
Wir besuchten die von den Portugiesen, denen diese Stadt,
damals hieß sie Mogador, mal gehörte, erbaute Festung.
Eintritt 10 Dirham.
Blick von der Festung auf die Medina Essaouiras
Anschließend warfen wir uns wieder in das Getümmel der Medina, die uns sehr an Marrakech erinnerte und daher ähnlich gut gefiel. Die Menschen waren größtenteils sehr herzlich und aufgeschlossen und wurden nur manchmal etwas harsch, wenn man nach viertelstündigem Gespräch dann doch nichts kaufen wollte. Aber geschenkt.
Einmal hörten wir von einem Fischverkäufer das bekannte und bisher vermißte „Chitler, Chitler, viel gutt“, was uns jedoch auch nicht zum Fischkauf motivieren konnte. Auch die Opium- und Haschhändler gingen leer aus, die uns auf ziemlich plumpe Weise ansprachen und offensichtlich keine Angst vor eventuellen Zivilstreifen haben.
In Essaouira fällt der hohe Anteil an kulturellen Einrichtungen auf. Diverse Bücherhandlungen, Kunstgalerien und Museen laden zur kurzen Ansicht an.
So schließt sich der Kreis zu Marrakech, wo es auch ein Earth Café gibt. Wir bevorzugten jedoch woanders zu speisen und nahmen Pizza und Tagine ein. Beides nicht besonders toll und die Pizza mit Meeresfrüchten, die Taylan und Francis aßen zum weglaufen. Francis wurde schlecht und er mußte eine gute Stunde mit sich und seinem Magen allein sein. Wir fanden und später am Strand wieder.
Hundevolkssport in Essaouira, man sieht sowas an jeder zweiten Ecke.
Heineken am Strand, die Sonne ging unter
Am Abend gingen wir weiter durch die Medina, da wir uns immer noch nicht satt gesehen hatten. Gegen 22 Uhr brach wie gestern ein Platzregen starken Außmaßes los. Wir standen gerade vor einem Porzellan- und Ramschladen, dessen Besitzer uns auf Deutsch ansprach und bat hereinzukommen. Er wollte nicht bloß verkaufen, sondern sich tatsächlich mit uns unterhalten. Zwei Kroatinnen stießen hinzu und wir unterhielten uns in dieser Gruppe eine gute Stunde über unsere Herkunft, unsere Reisen, während Maki leicht breit aber interessiert zuhörte und uns einen selbstgemachten frischen Tee kochte, der ohne Zweifel zum Besten Tee der ganzen Reise gekrönt wurde. Wir bedankten uns bei ihm, als er seinen Laden dann schließen wollte, indem wir noch ein paar Souvenirs kauften und er bei uns mit einem leicht zweifelhaften Geschenk, das wir kurzerhand „Rüdiger“ tauften:
Die Kroatinnen folgten uns noch bis zum Strand, wo wir herumsaßen und uns noch weiter unterhielten. Die beiden waren per Billigflieger nach Marrakech geflogen, hatten sich dort umgesehen und dann per Taxi nach Essaouira weitergefahren. Eine solche Reise kann ich jemandem an einem Marokko-Kurzurlaub interessierten nur ans Herz legen. Marrakech und Essaouira sind für mich die beiden Top-Adressen, wenn man nicht unbedingt Wüste und Landschaft sehen möchte, sondern sich für Städte und Kultur interessiert.