31. Juli 2010: Agadir – Boujdour

Tagesetappe: 850 km

Gegen 10 Uhr erwachte ich, der auf der Rückbank geschlafen hatte, während die anderen noch im Zelt lagen. Ich setzte mich zwischen Zelt und Auto und machte mir ein Frühstück. Während ich es aß, kamen die Franzosen, die unten genächtigt hatten mit ihren drei Jeeps die Anhöhe hochgefahren, wild hupend. Ich konnte ob der Skurrilität gar nicht schnell genug reagieren, als der Oberfranzose ausstieg und mir die Hand schüttelte und ständig die Wörter „Merci!“ und „Reveillez!“ schrie, während die anderen Fahrer fleißig weiterhupten. Als Francis, Taylan und Katha aus dem Zelt schauten, beendete er seine Mission, stieg in seinen Jeep ein, drehte ab und fuhr mit den anderen Franzosen weg. Das war wohl die Rache für letzte Nacht. Bei uns sorgte es aber lediglich für höchste Erheiterung über diese Kindergarten-Aktion, die ihren Zweck also völlig verfehlte.

Ich ging wenig später zum Platzwart und wollte unsere drei Nächte bezahlen. Auch dieser erzählte irgendwas auf Französisch von wegen Lautstärke und Franzosen und Schlafen und Bier, aber ich tat so, als würde ich ihn nicht verstehen, legte ihm einfach das Geld (200 MAD pro Nacht) hin und verabschiedete mich.

Beim Marjane deckten wir uns anschließend für die Wüste ein, da nicht davon auszugehen war, daß wir vor der Rückkehr nach Agadir nach der Wüstenetappe noch einmal einen solchen Supermarkt sehen würden. Lebensmittel und Bier gingen in reichlicher Anzahl mit.

UN auf dem Marjane-Parkplatz

Aus Agadir heraus den Weg nach Laayoune und damit in die Westsahara zu finden ist einfach, denn die Hauptstadt der Westsahara ist an jedem Kreisel auf der Umgehungsstraße angeschrieben, als würde sie nur wenige Kilometer entfernt sein, dabei sind es an der Zahl 620. Wenige Kilometer hinter der Stadtgrenze ruckelte der Daimler wieder unheimlich, der Dieselvorfilter war wieder dicht. Da muß sich wohl ein großer Brocken Dreck aus dem Tank gelöst haben, wenn das so fix geht. Nun war aber wieder für ein paar Tage Ruhe!

An diesem idyllischen Plätzchen auf 29°24'27"N, 9°43'1"W nahmen wir unser Abendessen mit dem frischen Brot, Gemüse und Ziegenkäse aus dem Marjane ein, bevor die Nacht über uns einbrach

Hier, kurz hinter Tiznit, erklimmt man noch einmal einen kleinen Ausläufer des Atlas mit knapp 1000 Metern Höhe über Meer. Anschließend geht es in die Ebene herab, wo das Grün schnell weniger wird und schließlich komplett zugunsten des Sandes verschwindet.

Bei der Ortseinfahrt Guelmim sprach uns ein Mauretanier auf einem Mofa in perfektem Deutsch an. Er glänzte wie schon „Papa Moustaffa“ kurz vor Fez mit dem Wissen, daß Wiesbaden die Hauptstadt Hessens sein und wollte uns einige Tipps für die Weiterfahrt geben. Er erzählte davon, daß man in der Westsahara vom Militär Diesel geschenkt bekomme, wenn man ihnen Zigaretten geben würde. Die seien dort unten nämlich viel teurer als hier im Norden, weil alles per LKW transportiert werden müsse. Er bat uns geschickterweise gleich an, im Laden seines Freundes eben diese Zigaretten kaufen zu können. Ich nickte ab und fuhr weiter. Er schien zu glauben, daß wir ihm folgen würden und nicht der Straße nach Süden und guckte reichlich verdutzt, als wir seine Route verließen. Dies scheint seine gängige Masche zu sein, auch andere wurden schon sein „Opfer“. Am Ortsausgang kaufte ich bei der Shell, bei der ich auch gleich den Wagen tankte, damit es bis zur Grenze reichte, dennoch eine Stange Marquise-Zigaretten um 200 MAD, für alle eventuellen (Bestechungs-)Fälle.

In Tan-Tan erreichten wir die berühmten Kamele, die das Tor zur Westsahara markierten, auch wenn die Demarkationslinie noch 250 km entfernt war

Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang erreichten wir Tah, die ehemalige Grenze zwischen Marokko und Spanisch-Sahara. Seit dem Grünen Marsch und der Annektion der Westsahra durch Marokko merkt man aber nichts von einer Grenze, außer daß hinter ihr der Liter Diesel nur noch 5 Dirham kostete. Marokko versucht schließlich alles, um den Eindruck erwecken zu lassen, die Westsahara habe schon immer ihnen gehört. Auch auf marokkanischen Karten, die man in Marokko kauft oder sieht, gibt es diese Grenze einfach nicht und die Westsahra ist ganz gewöhnlicher Teil Marokkos. Wir befanden uns nun in völkerrechtlich umstrittenen Gebiet. Weitere Informationen: Westsaharakonflikt (Wikipedia). Der Tank wurde für umgerechnet weniger als 0,45 EUR /L bis zur Halskrause gefüllt.

Laayoune folgte wenig später und glänzte durch nicht vorhandene Beschilderung. Nach einigen Umwegen durch das Gebiet dieser ständig expandierenden Stadt ging es weiter in Richtung Boujdour, welches 188 Kilometer entfernt liegt. Hier fanden zum ersten Mal Kontrollen durch das Militär statt. Zumeist vor und hinter einer Stadt liegen Checkpoints, bei denen die Pässe kontrolliert werden. Meist wird noch nach der „Profession“, also dem Beruf gefragt, wobei man theoretisch angeben kann was man möchte. Nachdem man beim ersten Checkpoint mit „travail du bureau“ nichts anfangen konnte, war ich fortan Student, wie die anderen drei.

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