20. Juli 2010: jour de repos – Chefchaouen

Zum ersten Mal auf dieser Reise konnten wir heute ausschlafen. Vor 13 Uhr ging nichts, dazu war es auch viel zu heiß. Die kühlende Meeresluft war nun weit weg. Ich setzte an einem der drei kostenlosen Internetrechner neben der Bar mit kleinem Shop eine erste Meldung aus Marokko in die Heimat ab. Wir gaben anschließend unsere Wäsche zum Waschen ab – „may take a little while to wash“, sprach der Waschbeauftragte – und machten uns gegen 17 Uhr auf in die Medina.

Wir schauten uns heute sehr lange alles bei Tag an und machten viele schöne Photos. Die blaugestrichenen Wände in der Medina geben ein ganz besonderes Gefühl beim Durchlaufen. Nur hin und wieder mußten wir einen eifrigen Händler abweisen, doch das störte kaum.


Blick auf unser Camp, Spätfolgen des Diesellecks auf der Motorhaube


Haus des Platzwarts


Panorama Chefchaouen










Als wir gerade vor einer Bank standen und die dortige Temperaturanzeige von 42 °C im Schatten um kurz vor 19 Uhr bewunderten:

sprach uns ein Mädchen auf Deutsch an, die uns hat reden hören. Sie stellte sich als Hanna aus München, 23, vor und wir tauschten unsere Geschichten aus. Sie erklärte, daß sie einen Marokkaner als Freund habe und der nicht weit weg wohnen würde und lud uns zu sich nachhause ein. Skepsis war hier nicht angebracht und zwei Ecken weiter standen wir vor der Wohnungstür. Mahmud, ihr Freund, sah sehr viel jünger und unreifer als sie aus und ging zunächst auf Distanz zu uns. In der Wohnung saß noch ein Freund von Mahmud, der aber des Englischen nicht mächtig war und in der kommenden Stunde nur als Beiwerk Funktion erfüllte.

Eine Shisha wurde angesteckt und ging reihum. Mahmud schien sich allmählich uns zu öffnen und stellte immer mehr Fragen zu uns, zu Deutschland und über Gott und die Welt. So kamen wir ins Gespräch. Hanna erzählte, daß sie nach dem Studium eine Auszeit benötigt hätte und per Anhalter und blinder Fährpassagier nach Marokko gelangt sei. Hier habe sie Mahmud kennengelernt. Hanna fragte irgendwann, ob wir denn auch Essen aus Deutschland noch dabei haben würden, sie hätte schon so lange kein Müsli mehr gegessen. Wie es der Zufall wollte, hatten wir Müsli dabei und verabredeten uns höflichkeitshalber für den kommenden Morgen zum gemeinsamen Frühstück vor dem Campingplatz.

Wie das nunmal so ist hat man sich dann auch mal alles erzählt und will auch noch andere Dinge erledigen, wir verabschiedeten uns also, nicht ohne noch einige Tipps für unser Fortkommen erhalten zu haben und empfahlen uns bis zum kommenden Morgen. Zurück in der Medina aßen wir wieder in einem Restaurant, diesmal waren wir nicht so begeistert wie gestern zwei Häuser weiter. Wären wir doch nur bei unseren Leisten geblieben.

Als wir so da hockten und wieder Zucker mit Tee genossen sprach uns vom Nebentisch aus ein junger Kerl mit schwarzen Haaren und seltsamer Frisur an. Er hieß Bernhard und kam aus Wien. Er war wie wir auf der Suche nach Bier. Dieses war wohl in dieser Stadt nicht aufzutreiben, doch verabredeten wir uns zu einer gemeinsamen Jagd für später. Auch er gab seine Geschichte preis: Er war auf einem Seminar in Brüssel über irgendwelche paneuropäischen Beziehungen, und kam dort dann auf die Idee eine Tour nach Spanien zu machen. Per Bus und Anhalter machte er sich spontan auf, die Idee in die Tat umzusetzen und von Südspanien aus ging es dann gleich weiter nach Marokko. Bald müsse er wieder arbeiten und verbringe daher die letzten Tage hier in Chefchaouen.

Die Bierjagd ergab leider nichts Produktives, also hockten wir uns mit Bernhard auf die Empore über dem zentralen Marktplatz und plauderten. Dabei sahen wir das Topspiel Turbine Agadir gegen Lokomotive Marrakech, das dort unten ausgetragen wurde, in Form von zehn kleinen Marokkanern, einem alten Ball und einem nicht genau definierten Spielfeld. Sehr amüsant.


Schneckensnack in der Medina

Wir luden Bernhard noch zu uns auf den Campingplatz ein, um mit ihm unsere letzten europäischen Alkoholvorräte zu vernichten. Wir fuhren mit zwei Petit Taxis hoch auf den Platz. Kost' ja nichts. Während er sich einen Joint rollte referierte er über seine Erfahrungen und Informationen mit der marokkanischen Polizei,. Er stellte die These auf, daß kleine Fische wie er als privater Konsument niemanden interessieren und man sich, wenn überhaupt nur auf die richtig großen Schmuggler und Dealer konzentriert. Das leuchtet ein, wenn man tags vorher durch die Hanfplantagen gefahren ist. Wir wurden tatsächlich während der gesamten Reise in Marokko nie auf Drogen kontrolliert. Scheint zentraleuropäisches Phänomen mit besonderem Fokus auf die Zollstation auf dem Splügenpaß zu sein.

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