17. Juli 2010: jour de repos – Tarifa

Es war kaum die neunte Stunde des Tages vergangen als wir der Hitze wegen schon wieder erwachten. Kurz das Auto aufgeräumt und die wenigen hundert Meter zur Position des Campingplaztes weitergefahren stellten wir fest, daß der versperrte Eingang von letzter Nacht lediglich ein Seitentor des Platzes war, der sich auf beide Seiten der Straße befand. Ich fuhr zunächst links in Richtung des Atlantiks auf die eine Hälfte des Platzes, dort machte mich der Wächter darauf aufmerksam, daß die Rezeption für beide Hälften gegenüber stattfand. Der Daimler kam nur mit ordentlich Anlauf die Steigung zur Bundesstraße wieder hoch. Als nach mehreren Minuten eine Lücke zu finden war, kreuzte ich die Straße und fuhr an der Rezeption vor.

Ein braungebrannter Mittzwanziger saß dort, ich brachte ihm auf Englisch mein Anliegen bei während ich mit den anderen auf Deutsch Rücksprache hielt. Da entgegnete er, wir könnten auch auf Deutsch reservieren. Sehr angenehm. Er sprach akzentfrei, vielleicht war er auch Deutscher? Wir sicherten uns einen Platz für eine Nacht und wurden einem eigenen Plateau zugewiesen. Die dem Atlantik zugewandte Hälfte sei vollständig besetzt, aber hier wären nicht allzuviele Gäste da, daher hätten wir eine eigene Fläche zur Verfügung. Wir wollten nun zunächst die Zelte aufstellen und dann erst mal, knapp 48 Stunden nach der Abfahrt in Tübingen ausgiebig duschen.

Francis nahm sein und ich mein Zelt aus dem Kofferraum, doch dabei stellte ich fest, daß ich die Meisterleistung vollbracht hatte, zwar das Zelt an sich mitzunehmen aber nicht die zugehörigen Stangen. Grandios, jetzt haben wir nur ein Zelt. Unter Applaus der anderen ging ich mich erst mal reichlich schämen, und tat danach wenigstens etwas sinnvolles, indem ich die seit Frankreich defekte H4-Birne auf Backbord wechselte. Dabei fiel mir auf, daß die Vorderreifen auf der Innenseite fast wegradiert waren. Links schlimmer als rechts. Was soll das denn jetzt? Sowas hatte ich noch nie.




Nach der übefälligen Dusche fuhren wir nach Tarifa herein und sahen uns zunächst um. Wir fanden keinen freien Parkplatz außer an der nahe der Innenstadt gelegenen Hochhausreihe (36° 0'52.88"N, 5°36'6.21"W). Parkverbotsschilder gab es keine, also ließen wir den Wagen hier stehen. Wir sahen uns in der Innenstadt um und suchten ein Pizzalokal, das mir von einer Mitfahrerin im April empfohlen wurde. Natürlich fanden wir es nicht, auch die Einheimischen wußten nichts mit dem Lokalnamen anzufangen.

In einem Kiosk fiel mir erstmals ein Phänomen auf, daß sich auch durch ganz Marokko zog. Der Kioskbesitzer trug ein T-Shirt mit deutschsprachigem Aufdruck „Halbmarathon Wuppertal“, oder so ähnlich. Er sah weder nach Halbmarathon noch nach Wuppertal aus und wußte auch gar nicht, was der Aufdruck bedeutete. Wie kommt das? Kleiderspenden, Geschenke, finden die Deutsch so toll, daß sie deutschsprachige T-Shirts tragen?









In der schmalgassigen „Fußgängerzone“ setzten wir uns vor ein Lokal, das nach vielfältiger Küche aussah. Die Karte bot einiges, wir entschieden uns für Paella, Brathähnchen und Hamburger. Die Preise waren allerdings so saftig wie das Essen lecker war. Egal, ab morgen hat ja die hochpreisige Zeit ein Ende, inshallah.

Wir liefen anschließend zum Hafen, dort ging ich an den Tresen und fragte, wie es nun mit Fähren nach Marokko aussehen würde. Von hier konnte man sie nämlich verkehren sehen. Ja, es würden Fähren fahren, sagte man mir. Jedoch sei die Route momentan für Fahrzeuge gesperrt, man könne nur als Fußgänger übersetzen. Ein Sinn dafür wollte mir nicht einfallen. Warum sollte man so tun?

Weiter ging's zum südlichsten Punkt Europas (Punta de Tarifa, w). Wir liefen bis zum Absperrtor, der die Grenze zum militärischen Sperrgebiet markierte. Wir standen außerdem nun auf der Grenze zwischen Mittelmeer und Atlantik und dem südlichsten Punkt des europäischen Festlandes, was dokumentiert werden mußte. Nun hatten Taylan und ich das Festland Europas von Gamvik (Norden) bis Punta de Tarifa (Süden) bereist. Hier hätten wir gestern ohne weiteres schlafen können, aber wir fanden natürlich den Weg nicht.





Blick nach Afrika


Zurück am Auto fuhren wir noch zum Lidl und ergänzten unsere Frischwarenvorräte. Auf dem Weg zum Campingplatz hielt ich an der Tankstelle, an der wir letzte Nacht schliefen und tauschte die beiden Reifen auf Backbord miteinander, damit sie länger halten. Um an das benötigte Werkzeug zu kommen mußte der Kofferraum ausgeräumt werden, wobei ein Trinkwasserkanister zu Bruch ging. Das gute Wiesbadener Leitungswasser kippte ich auf den unfruchtbaren staubigen Boden. Welch Verschwendung!

Als alles wieder eingeräumt war und ich mir in der Tankstelle die Hände gewaschen hatte fuhren wir weiter zum Campingplatz, zogen uns um und gingen im Atlantik schwimmen. Dabei genossen wir den Blick nach Afrika.

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