12. August 2011: Transit Mazedonien – Guča (SRB)

Tagesetappe: 485 km

Ich döste etwas vor mir her und wachte an den Mautstationen immer kurz auf. Kartenzahlung war hier nicht möglich, daher rechneten die Kassierer immer relativ ungünstig in EUR um und finanzierten so ihren Lebensunterhalt mit. 60 Dinar Maut wurden so auch schon mal zu 3 EUR.

Die serbische Grenze war innerhalb von 2 Stunden erreicht, an der letzten mazedonischen Tankstelle konnte man mit VISA bezahlen. Der Diesel hier roch stark nach Heizöl, aber war ungefärbt. Seltsam. Ich fuhr weiter, zur Grenze.

Die mazedonische Ausreise war kein Problem, die Pässe wurden gecheckt, mehr nicht. Der Serbische Beamte war grimmig drauf und nahm die Klammern aus unseren Pässen, mit denen wir alle Stempel auf die letzten Seiten bringen wollten und machte seinen Stempel demonstrativ auf Seite 1, nachdem er sich vergewisserte, daß wir keine Schurkenstaaten bereist hatten. Der Zollmann im Gestapo-Mantel fragte uns woher und wohin und was die vielen Ersatzreifen sollten. Außerdem wurde noch in den Kofferraum geguckt. „Only personal stuff?“ – „Yes!“ – „OK.“. Dann durften wir weiter. Taylan übernahm wieder im nunmehr elften Land der Fahrt.

Bei Kraljevo verließen wir die Autobahn – die günstige Maut konnte hier wieder mit der VISA bezahlt werden – und wurden auf der Landstraße gleich von der Polizei angehalten. Wir holten die Pässe raus, aber noch bevor wir sie ihnen geben konnten wurden wir weitergewunken, weil wir Touristen waren. Ich übernahm wieder und umfuhr Kraljevo wegen einer Baustelle, dann kam bei Čačak endlich der Abzweig nach Guča. An einer Schranke muß für das Camping eine Parkvignette für 1000 Serbische Dinar (ziemlich genau 10 EUR) erworben werden. Wir klingelten Garci, Katha und Peter raus und trafen uns an der Hauptstraße. Wer den Marokkobericht gelesen hat, kennt Peter und Katha schon. Ihn trafen wir in Tübingen und Katha war auf der Reise mit dabei. Garci ist ein gemeinsamer Freund von allen, er war seit der 5. Klasse bei mir auf der Schule. Um 7 Uhr morgens stellten wir das Zelt auf und gönnten uns ein Bier aus dem Kofferraum.

Ich legte mich erst einmal eine Stunde hin, denn ich hatte am wenigsten geschlafen während dieser 1000-km-Fahrt. Gegen Mittag servierte Peter frische Cevapcici, Brot und Paprika, nachdem er und Taylan aus dem Ort zurückkamen. Währenddessen zogen schon viele Bands über die Campingfläche, um gegen Bezahlung zu spielen und die ersten tanzten schon auf ihren Autodächern.

Nach ein paar Stunden Schlaf war der Himmel klar und die Sonne brannte, die Wiese füllte sich ...

Neben diesen harmlosen werden hier auch gerne Shirts mit Mladićs Konterfei und der Unterschirft „Deine Armeen warten auf Dich“ verkauft ...

Katha und Garci

Um 17 Uhr herum liefen wir in die Stadt, wo wir Geld abhoben bzw. tauschten und einkauften und uns umsahen. Nachdem wir beim Zelt zu Abend gegessen und schon die ersten paar Bier vernichtet hatten, gab es gegen 21 Uhr einen Schlag und ein Opel Omega parkte in meinem vorderen linken Kotflügel. Puls 200. Ein kleiner Serbe stieg aus und rief nur „I will pay“. Wir diskutierten über den Schaden und er sagte mir, er würde es bezahlen, ich solle nur bitte nicht die Polizei rufen, weil er keinen Führerschein hätte. Betrunken war er auch schon. Na super!

Ich schlug ihm vor, gegen 5000 Dinar die Sache zu vergessen, auch wenn das bei weitem nicht den Kotflügel ersetzt, der vorher noch relativ in Ordnung war. Aber da dachte ich wohl zu deutsch ... Er warf mir vor, ich wollte ihn abzocken. So ein Auto wäre insgesamt hier maximal 200 Euro wert. Peter kam hinzu und zog mich zur Seite. So könne ich das hier nicht angehen, ich wäre zwar im Recht aber wenn ich einem Serben so käme, hätte ich vielleicht das Geld, dafür dann aber später ein brennendes Auto oder Bekanntschaft mit vielen seiner Freunde. Seine Eltern kamen aus der Slowakei nach Deutschland.

Er wechselte mit Joca, dem Unfallverursacher, ein paar Worte auf irgendeinem slawischen Sprachenmix und so einigten wir uns auf eine Runde Bier für alle, etwas Sliwowitz und 20 EUR für den Schaden. Wir zogen mit Joca und seinem Kumpel in die Innenstadt. Vor einem Kiosk, wo er Bier holte, unterhielten wir uns, und er gab uns eine Kostprobe der politischen Ansichten eines serbischen Jugendlichen. Kroaten, Bosnier und Kosovaren gehörten alle aufgehängt, die hätten die glorreichen Serben verraten. Schwule, Juden und Zigeuner ebenso. Er schwärmte außerdem von Hitler. Ob er wisse, was Hitler über Slawen dachte und warum er denn auf ein Zigeunermusikfestival ging, fragte ich ihn besser nicht, denn er hatte sein Camp direkt neben unserem aufgebaut.

Als wir dem Mob zum Trompeter-Denkmal in der Ortsmitte folgten, wo eine riesige Party abging, verloren wir die beiden. Dort konzentrierte sich die feierende Masse und es erklang ein Potpourri aus mindestens 30 Blechinstrumentenbands. Die Stimmung war riesig. Wenig später erreichten wir das Stadion, wo auf der Bühne Livemusik erklang und mehrere zehntausend Menschen feierten und tanzten.

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