12. August 2009: Campingplatz bei Oppdal – Geirangerfjord – Alesund – Voldafjord
Tagesetappe: 485 km zzgl. Benutzung zweier Fähren
Nach einer geruhsamen Nacht plagte uns dank ausgeprägter Leere in unserer Freßkiste ein ziemlicher Kohldampf. Wir wollten bei der Rezeption etwas essen, nur gab es wohl vor der Mittagszeit noch nichts. Die Platzpächterin verwies uns an eine Pizzeria 14 Kilometer südlich. Wir packten das Zelt zusammen und fuhren los.
Das campingplatzeigene Bächlein
Der große Tag. Mit dem Ziel Geirangerfjord vor Augen verließen wir putzmunter und ausgeschlafen den Campingplatz. Unmittelbar nach Abfahrt halten wir an einer Pizzeria um mal wieder was Warmes zu Essen. Genau genommen hatte ich bis dahin auf der gesamten Reise nur einmal warm gegessen und das war die kontaminierte Dosenplörre mit der Aufschrift „Nudeltopf“, die ich vor ca. zehn Tagen in der campingplatzeigenen Küche erwärmt hatte. Selbst der McDonald’s-Fraß war kalt. Seitdem gab es nur noch den Inhalt der Fresskiste, der mir langsam aber sicher zum Hals heraushing.
In Berkak fanden wir die Pizzeria (62°49'25.66"N, 10°0'43.25"E).
Wir hielten an und traten ein. Die Preise waren auf den ersten Blick saftig. Wir bestellten trotzdem die „große“ Pizza, damit es sich wenigstens lohnt. Die Kommunikation mit dem Besitzer war schwierig, da dieser nur Norwegisch und ein paar Bröckchen Deutsch sprach.
Jedenfalls verdient besagte Pizzeria es, dass man ein paar Sätze über sie an dieser Stelle verliert. Da wir mittlerweile einen Eindruck von den Preisen in der norwegischen Gastronomie hatten, stellten wir uns auf das Schlimmste ein. Dennoch wollten diesmal nicht knauserig sein, was wohl v. a. was mit dem unerträglichen Hunger zu tun gehabt haben könnte. Es gab zwei Pizzagrößen: „groß“ und „klein“. Wir bestellten jeweils „groß“, in der Annahme, dass der Halsabschneider hinter der Theke uns jetzt so ein mittelgroßes Stück Teig auf den Tisch legen würde. Unsere Erwartungen wurden jedoch bei weitem übertroffen und ich hatte für einen Augenblick sogar den Eindruck, dass der Durchmesser der Pizza mit dem eines LKW-Reifens vergleichbar wäre. Das ganze musste fotografisch für die Nachwelt dokumentiert werden, in der Hoffnung, dass deutsche Pizzabuden sich ein Vorbild daran nehmen würden. Nach der Hälfte war Schicht im Schacht und wir ließen uns den Rest einpacken. Das hat sich doch mal richtig gelohnt.
Die Fahrt ging weiter. Es folgten Täler und Berge, die genauso beeindrucken waren wie ich sie mir vorgestellt hatte. Wir mussten unterwegs mehrmals anhalten, weil ich unbedingt Fotos machen wollte. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Dünomat fotografisch in Szene gesetzt.
Wir befuhren zunächst die E6 bis Otta, dann die Straße 15 und 63 nach Geiranger. Wir erklommen alsbald den Dalsnibba, den Hausberg des Geirangerfjords. Leider verpeilte ich, daß man einen Abzweig zum Gipfel nehmen kann. Ich muß wohl das Schild übersehen haben.
Auf knapp 1000 Metern Höhe
So kamen wir dann gegen 21 Uhr zum Abstieg und konnten den Fjord vor uns liegen sehen. Schon recht imposant, auch wenn Taylan das wohl viel toller fand als ich. Er war ja auch noch nie in den Alpen.
Es ging runter ins Dorf wo wir unserer touristischen Verpflichtung nachkamen. Da es keine gescheiten Autoaufkleber gab erwarb ich für 20 NOK ein kleines Norwegen-Thermometer. Mir fehlte schließlich noch ein Temperaturmesser an Bord.
Irgendwann erreichten wir dann tatsächlich die Aussichtsplattform, von der aus man zum legendären Geirangerfjord hinunter sehen konnte. Der Anblick war wesentlich imposanter als auf jeglichen Fotos, die ich bisher von diesem Ort kannte. Unten angekommen kauften wir noch ein bisschen touristischen Krempel ein und gingen in ein Internetcafe um mal wieder Kontakt mit der Welt aufzunehmen. Meine E-Mail kam zwar nie beim Empfänger an, aber wenigstens hatte ich die Bundesliga-Ergebnisse des ersten Spieltages. Nachdem ich das Gefühl hatte, mich einigermaßen satt fotografiert zu haben, ging die Fahrt auch schon weiter.
Aushang am Souvenirshop.
Blick über das Dorf Geiranger
Privataudienz beim Bürgermeister
Im nebenan liegenden Internetcafé setzten wir noch eine kurze
Meldung an die Heimat ab und machten und schließlich von Dannen. Der
Weg führte weiter nach Norden, wo schließlich die erste Fähre der Reise
genommen werden mußte. Um 22.27 Uhr nahmen wir die Fähre von Eidsdal
nach Linge über den Norddalsfjord. Sie kostete 81 NOK für das Auto und
die Insassen. So langsam gingen wir auf Nachtplatzsuche. Irgendwie
fanden gab es hier aber nichts angemessenes, sodaß wir irgendwann in
Alesund ankamen. Ich folgte der E39 und so stand der Benz alsbald
wieder vor einer Fähranlegestelle. Der Blick auf den Fahrplan war
ernüchternd: Die nächste Fähre fuhr erst um 0:45. Wir mußten über eine
halbe Stunde warten. Die Zeit vertrieb ich mir damit, daß ich den
Wehrmachtskanister in den Tank umfüllte. Das Auto wurde mithilfe des am
Fährhaus stehenden Mülleimers aufgeräumt. Anschließend stellte ich das
Auto in die Warteposition. Wir waren die einzigen, die auf die Fähre
warteten. Auf den vier vorhandenen Spuren parkte ich auf der äußerst
rechten. Nach einiger Zeit kam ein Polizeiwagen angeschossen. Circa 50
Meter hinter uns gab er mir eine Lichthupe. Ich verstand dies als
Signal dafür, daß ich falsch stünde. Ich fuhr einmal ums Rondell und
stellte mich in die Spur hart backbord. Der Polizeiwagen tat es mir
gleich. Als die Fähre angelegt hatte und ich aufgefahren war – die
Fähre kostete diesmal 94 NOK – stieg irgendwann einer der Polizisten
aus und bewegte sich zu meinem Fenster. Ich kurbelte runter und wir
begrüßten einander. Er fragte nach meinem Führerschein, ich gab ihm
denselben. Er gab ihn mir retour und fragte, weshalb wir vor ihm
weggefahren seien. Ich erklärte ihm mein Verhalten. Er entschuldigte
sich. Er muß versehentlich auf den Knopf für die Zusatzscheinwerfer
gekommen sein. Es folgte ein kurzes Gespräch über unsere Reise und
Deutschland. Er fand es ganz bewundernswert, daß wir gerade vom
Nordkapp kamen. Selbst er als Norweger sei noch nie dort gewesen. Er
wünschte uns dann noch eine schöne Reise und ging zurück in sein Auto
zu seinem Kollegen, der die Stellung hielt.
Wieder an Land fuhr die Polizei hinter mir im Konvoi. Einige Kilometer
landeinwärts stand ein Reh auf der Straße. Immer wieder die gleiche
Leier. Das Reh sprang jedoch schnell wieder von der Straße, als es die
Lichter wahrnahm. Schließlich bot sich uns ein schönes Panorama über
Örsta, weshalb ich Taylan zur Nachtphotographie anstiftete:
Wir fuhren bis tief in die Nacht und waren dabei gezwungen zweimal die Fähre zu nehmen. Diese Kosten!!! Wenn das in dem Rhythmus so weitergeht sind wir spätestens in Kopenhagen pleite. Bei der zweiten Fähre gab es einen witzigen Vorfall mit der Polizei, der uns deutlich demonstrierte, dass ein Polizist in manchen Ländern tatsächlich den Titel „Freund und Helfer“ verdient und das Klischee des machtgeilen und sadistischen Beamten, der nach nicht vorhandenen Problemen sucht, wohl ein spezifisch deutsches Problem ist.
In Volda führte die E39 wieder über eine Fährverbindung weiter. Jedoch verriet mir das Navi, daß man den Voldafjord auch umfahren könne. Dies nahmen wir auch in Angriff. Als auf der Hälfte der Umfahrung ein passabler Nachtplatz in Erscheinung trat, drängte Taylan darauf, diesen in Beschlag zu nehmen (nahe 62° 3'43"N, 6°17'12"E). Nach ein paar Gute-Nacht-Bierchen auf dem nassen Picknicktisch ging es dann wieder zum Pennen in die Kanzel. Licht aus, gute Nacht.