Das Auto

Ab der ersten Minute war ich von der soliden Technik begeistert. Die von Freunden und Verwandten beschworenen ständigen Pannen blieben aus. Es zählt nunmal nicht das Alter das Auto oder der (meistens sowieso getürkte) Kilometerstand, sondern die schlichte Technik, die dahinter steht. Was nicht da ist, kann nicht kaputt gehen. Elektronische Einspritzung? Zündanlage? Steuerelektronik? Beim 200D Fehlanzeige. Doch wenn ein Führerscheinneuling mit seinem fünf Jahre alten Opel Corsa Probleme mit der Elektronik hat, kann er in der Werkstatt durchaus das Geld loswerden, das mein Daimler im Jahr an Steuern vor dem H-Kennzeichen kostete. Jetzt, mit Oldtimerstatus, ist es vielleicht von den Fixkosten her eine der günstigsten Arten, in Deutschland Auto zu fahren. Für Steuer und Versicherung komme ich nun für das gesamte Jahr auf die gleiche Summe wie für eine durchschnittliche Haftpflicht-Quartalsrechnung eines Mittzwanzigers mit VW Golf.

Sprüche wie „So ein altes Auto geht doch ständig kaputt und ist viel zu teuer im Unterhalt“ rufen nur noch ein müdes Lächeln hervor. Wer einen alten Mercedes-Diesel fährt, weiß, daß das Unsinn ist. Auch die Marokkaner, Malteser und Albaner wissen das, doch der Deutsche kauft lieber spätestens nach zehn Jahren ein neues Auto, „bevor die Reparaturen losgehen“ und wirft sein altes in die Presse.

Nach über 20.000 pannenfreien Kilometern durch Deutschland und Europa kam der 17. Januar 2009. Ich fuhr nach Marburg, um einem Freund bei seinen Startproblemen am 200D zu helfen (Es waren lediglich die Glühkerzen defekt). Während in Wiesbaden alles absolut trocken war, waren in Marburg die Straßen vereist. Als ich eine Straße entlang fuhr, setzte sich ein Opel Combo ohne zu gucken aus einer Einfahrt auf die Straße – direkt vor meinen Kühler. Ich konnte nicht mehr anhalten.

Die gegnerische Versicherung zahlte unverzüglich. Die Reparaturkosten lagen nach grober Schätzung bei um die 2.000 Euro. Gerade in diesen Wochen fand sich im W123-Forum ein Inserat. Noch während der Besichtigung schlug ich zu - der Fahrzeugwechsel war wirtschaftlicher als die Reparatur des alten Wagens. Es handelte sich um den in der W123-Szene bekannten „Dünomat“.

Dieser 200D wurde 2001 vom Vorbesitzer Florian Schmidt (www.dust-and-diesel.de) gekauft, mit dem Zwecke, einmal nach Dakar (Senegal) und retour zu fahren. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Nachdem er diese Tour überstanden hatte wurde er weiter gefahren, geschweißt, repariert. Zwei Front- und zwei Heckunfälle steckte er weg und sah trotzdem noch besser aus als mein erster Daimler bei Kauf. Die ursprünglich dattelne Zweitserienausstattung wich einer „moos“farbenen-Ausstattung aus einem Vorserienwagen, Baujahr 1976, der mangels Kaufinteressenten schließlich geschlachtet und exportiert wurde.

Der unfallbeschädigte Daimler wurde beim Tachostand 223.475 km verkauft und vom Käufer - wie ich später durch Zufall erfuhr - nicht wie versprochen wieder aufgebaut sondern nach Marokko exportiert. Ich übernahm den Dünomat mit 268.000 km auf dem Zähler.

Typ: Mercedes-Benz W123
Motorisierung: 200D (60 PS / 44 kW)
Erstzulassung: 16.11.1981
Lackierung: classicweiß (737)
Kilometerstand aktuell 517.000 (Juli 2017)
Ausstattung: Ab Werk: Servolenkung, Zentralverriegelung, Antenne mechanisch

Nachträglich: Mittelarmlehne, Colorglas rundum, Wegfall Antenne auf Kotflügel, Hecklautsprecher, Kopfstützen hinten, 80-Liter-Tank, Staubabscheider, Fanfare, Unterfahrschutz, Höherlegung, Erstserienlenkgetriebe, Umbau auf Pflanzenölbetrieb gemäß Anleitung der Nordlichter, Spritdruckanzeige, zusätzlicher grober Vorfilter